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MARKGRAFENKIRCHEN

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Evang.-Luth. Pfarrkirche   ST. JOHANNIS

Der Ort liegt über dem Roten Main und direkt an der Eremitage, die im 17. Jh. noch ein umzäunter Jagd- und Tiergarten war. Die Kirchengemeinde gehörte von Anfang an zur Urgemeinde Bindlach-Altentrebgast und ist somit wohl die älteste in der Region. Sie gilt als Gründung der iro-schottischen Mönche um 660 bis 700 nach Christus und leistete einen wertvollen Beitrag zur regionalen Christianisierung. Es gab also architektonisch Vorläufer für diese (damals katholische) Kirche, die ursprünglich Johannes dem Täufer gewidmet war. Nachweislich wurde der Zehnte einst an das Bistum Mainz und ab 742 an das neu gegründete Bistum Würzburg, ab 1007 wohl an das näher gelegene Bistum Bamberg abgeführt. Eine Kapelle wird noch vor dem 12. Jh. erwähnt.

Gotische Fresken im Sakristei-Turmchor

Von gotischer Zeit zeugen der untere Teil des Glockenturms und der Chorraum einer wohl älteren Wehrkirche, die zum Schlossgut der von Imhoffs gehörte, sowie die spätgotischen Fresken (um 1430) hinter dem barocken Kanzelaltar. Noch erhalten sind:

  • die klugen (mit erhobener Lampe) & die törichten Jungfrauen (mit gesenkter Lampe) – halbfigurig in der Laibung des Chorbogens vor einem
  • Sternenhimmel. Der kosmische Bezug, auch zum „kosmischen Christus“, der von der Sonne hier zur Erde kam, um Mensch zu werden… auch zum Jüngsten Gericht… war in der Mystik des Mittelalters noch lebendig
  • an den Gewölbekappen dazwischen 3 der 4 Evangelistensymbole, der Adler des
  • Johannes wurde versehentlich 1855 bei Baumaßnahmen zerstört
  • als Schluss-Stein im Kreuz- und Rippengewölbe ein edler Christuskopf
  • des Weiteren eine kleine Figur des Hlg. Achatius, Rankenmalerei, 8 von 12 sog. Weihekreuzen, drei Wesen mit grünen Flügeln und roten Körpern…
  • an der Nordwand das Fragment einer Abendmahlsdarstellung

Es sind übrigens die einzigen mittelalterlichen Fresken im Bayreuther Stadtgebiet.

Außerhalb finden sich gotische Fresken noch in Eckersdorf, Emtmannsberg, Harsdorf, Himmelkron…

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Nach der Reformation

Längere Zeit gehörte St. Johannis als Filiale zu Bindlach und hieß Altentrebgast. Den heutigen Namen erhielt der Ort nach dem Bau einer Johannes-Kirche und einer eigenen Pfarrei im 16. Jh. Denn die Reformationszeit, die vor allem von MG Georg dem Frommen begünstigt wurde, aber hier in der Region eine Volksbewegung war, sorgte für Eigenständigkeits-Bestrebungen. Das Bedürfnis nach Gottes Wort war seit der markgräflich legitimierten Reformation 1528 gewachsen. Auf Bittgesuch der Einwohner von 20 Ortschaften an die markgräfliche Regierung von (damals noch) Kulmbach um einen eigenen Pfarrer wurde St. Johannis-Altentrebgast 1564 eigenständige Pfarrei. Das Pfarrhaus neben der Kirche erbaute die Gemeinde schon 1564. 1701 wurde es durch einen Neubau ersetzt, der heute noch als Pfarramt genutzt wird.

Der bundesständische Krieg im 16. und der 30jährige Krieg im 17. Jh. hatten vieles zerstört und für Verwahrlosung der Sitten gesorgt. Die markgräfliche Regierung bemühte sich um die Wiederherstellung von Recht und Ordnung, wozu auch die Harmonie der Kirchenarchitektur und das helle Licht Gottes beitrugen. Denn „In Seinem Licht sehen wir das Licht“. Es wehte ein neuer Geist. Das Kreuz war nicht mehr die „Endstation“, der Auferstandene Christus als Sieger über Tod und Verderben steht jetzt im Mittelpunkt.

Markgrafenkirche unter Markgraf Friedrich  (1711/1735-1763)

Das Patronat für St. Johannis blieb beim Landesfürsten und daher kam den markgräflichen Ämtern die Baulast zu. Die Gemeinde musste dafür jedoch einiges an Grund, den früheren Pfarrwald, an die markgräfliche Eremitage abgeben.

Die Pläne von 1731 (in der idealen Proportion 5:3 = Länge : Breite) stammen noch von Hofarchitekt Johann David Räntz und wurden auch für andere Markgrafenkirchen Vorbild. Er verantwortete 1731-33 den Turmaufbau. St. Johannis in Seidwitz verdankt ihm einen etwas kürzeren „Zwillingsturm“.

Markgraf Friedrich veranlasste 1741 den Abbruch der gotischen Kapellen-Kirche und 1743-45 den Neubau des Langhauses dieser Markgrafenkirche. Die Bauleitung für den eigentlichen Kirchenbau hatte Mauermeister Johann Nicolaus Ulsch. Wie üblich zog sich die Innenausstattung über einen längeren Zeitraum hin.

Dank Markgräfin Wilhelmine (1709/1735-1763) belebte der Bayreuther Hofstaat in den Sommermonaten auch die nahe Eremitage. Denn 1732 schenkte ihr der Schwiegervater Markgraf Georg Friedrich Carl (1688/1726-1735) das (von ihr so benannte) Monplaisier-Gebäude am Rande des Geländes zur Hochzeit.
1735 bekam sie von ihrem Gatten Markgraf Friedrich bei seinem Regierungsantritt dann die ganze Eremitage als Geschenk übereignet. Und so lag es nahe, die erneuerte St. Johannis-Kirche auch zum Gottesdienst zu besuchen.

Der Kanzelaltar von 1743

Der eindrucksvolle Kanzelaltar (KA) mit dem Gloria des siegreich auferstandenen Christus stammt von Hofbildhauer Johann Gabriel Räntz (1697-1776) und istwie generell der protestantische BarockstilAusdruck göttlicher Ordnung, Harmonie und Schönheit. Die F-Kartusche von Markgraf Friedrich zwischen den Draperien am Schalldeckel – wohlgemerkt zu Füßen des Auferstandenen – wurde erst 1753 durch Hofvergolder Nikolaus Gruner vergoldet. Die 2 runden korinthischen Säulen lernten wir schon aus anderen Markgrafenkirchen kennen. Sie sind generell dem „Allerheiligsten“, also dem Altar vorbehalten (das gröbere dorische Element findet sich außen in den Eckpilastern)

Die 4 Evangelisten links und rechts sind aufeinander abgestimmt.
Oben auf den geschweiften Giebelschenkeln finden wir Markus mit dem Löwen & Lukas mit dem Stier, hier als Beispiel

Markus mit aufgeschlagenem Buch und lesbarer Schrift, aber erstaunlicherweise mit einem Zitat aus Matth.3:
Sehet zu/thut recht/schaffne/Früchte/der Buße/“

darunter Matthäus mit dem Engel & Johannes mit dem Adler auf den Säulen vor wolkenförmigen Wangen,

Johannes mit aufgeschlagenem Buch und lesbarer Schrift:
„Gott ist ein/ Geist und/ die Ihn anbe-/ten, die müssen/Ihn im Geist/und in der Wahrheit an-/beten“. Joh.4

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Der KA war ursprünglich sogar ein Kanzelorgelaltar, um dem Lobpreis Gottes die oberste Stellung einzuräumen.
Heute befindet sich die Orgel auf der Empore gegenüber, da wo einst die Markgrafen-Loge war.

Man beachte auch die Sanduhr am Kanzelaufgang, mit der die Predigtlänge kontrolliert wurde (ähnlich in Eckersdorf oder Himmelkron).

Der Taufengel von 1758

Die evangelische Kirche kennt – im Gegensatz zur katholischen – nur 2 Sakramente: Taufe und Abendmahl, und rückt diese im Kirchenraum eng zusammen. Darüber idealiter das lebendige Wort Gottes und die Lobpreis-Orgel.

Der androgyne Engel mit der Taufmuschel in St. Johannis stammt – wie der Kanzelaltar – von Johann Gabriel Räntz, der übrigens auch den ganz anders gestalteten Taufengel in der Markgrafenkirche Benk schuf. Dieser Engel stand einst nahe dem Altar, später seitlich – aber nie auf dem Dachboden wie sonst oft, als Taufengel unmodern wurden. Er steht heute mittig in einer Linie mit dem Kanzelaltar. Damals kostete er 12 Gulden, die spätere Vergoldung noch einmal 7 Gulden und 12 Kreuzer.

Stuck und Blumenornamente an den Emporen

Kastellan Joseph Samuel Pöhlmann von der Eremitage fertigte den Emporen-Zierrat auf Pappe vom Buchbinder Senft. Die Blumenornamente sind symmetrisch angeordnet, aber alle unterschiedlich und weisen auf die Schönheit der Schöpfung Gottes hin.
Da die Farben Rosa und Hellblau die Lieblingsfarben von Markgräfin Wilhelmine waren, könnte es sein, dass sie hier – wie bei der Innenarchitektur anderer Markgrafenkirchen auch – mitgewirkt hat.

Das schlichte, aber farbintensive Gestühl stammt auch noch aus der Bauzeit

Deckenstuck mit dem Auge Gottes

1775, also wesentlich später, wünschte man sich von Hofarchitekt Johann Gottlieb Riedel noch den Entwurf und von Stuckateur Michael Krätzer die Ausführung der pastellfarbenen Stuckdecke (Flachdecke mit breiter Kehlung). Die Farben Blau und Rosa hatte man mit den Emporen-Ornamenten abgestimmt. Der Rahmenstuck wurde mit Füllungen aus Gitter- und Rocaillewerk angereichert.

Hofarchitekt Riedel (der Vater) baute 12 Kirchen im Markgrafenstil und entwarf dabei auch die Innenkonzeptionen für Kanzelaltäre und Stuckdecken, Taufhölzer und Säulenanordnung, so z.B. für den Neubau der einstigen Mutterkirche Bindlach (1766-1768, 1782) mit einer Stuckdecke von Rudolfo Albini (den wir auch aus der Spitalkirche schon kennen) und Michael Krätzer. Das weckte wohl auch die Begehrlichkeit der „Kantzer“ in St. Johannis.

Die Kirchendecke erinnert an eine spätbarocke, also geordnete Gartenanlage. Mittelpunkt dieser geordneten Harmonie ist das Dreifaltigkeitssymbol mit dem Auge Gottes darin, umgeben von 4 Engeln und Wolken samt Strahlenkranz, der die göttliche Energie abschirmt, die wir direkt nicht verkraften würden.

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Text & Fotos: Dr. Karla Fohrbeck, 2023

Pfarramt:
Evang.-Luth. Pfarramt Bayreuth-St. Johannis
Altentrebgastplatz 4-6
95448 Bayreuth
Tel: 0921/92 427
pfarramt@stjohannis-bayreuth.de
www.stjohannis-bayreuth.de

Die Kirche St. Johannis ist von April bis Oktober täglich von 09:00 bis 18:00 Uhr geöffnet, im Winter bis 16:00 Uhr.