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barocke Prachtbauten & -Strassen

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Bayreuth – Kanzleistraße 7

Die Gebäude der ehemaligen Markgräflichen Kanzley gehören heute alle zur Regierung von Oberfranken. Die mit Vorderfront zur Kanzleistraße liegen alle nördlich der alten Stadtmauer (bzw. des Stadtmauergrabens), die Haupt-Regierungsgebäude (1902-1904) liegen südlich und haben ihren Eingang an der Ludwigstraße, gegenüber dem Neuen Schloss.

Die einheitliche Architektur der gelb verputzten Kanzlei-Gebäude ist gekennzeichnet durch:

  • Satteldachbau
  • durchgehend 3 Geschosse
  • 4 Risalite (R1-R4), das sind die auf ganzer Höhe aus der Fluchtlinie des Baukörpers hervorspringenden Gebäudeteile
  • alle 4 sind übergiebelt
  • Toskanische Säulen
  • allegorische Figurengruppen aus Sandstein im jeweiligen Tympanon über den Portalen der Risalite 2, 3 & 4
  • sowie die vergoldeten Markgrafen-Monogramme F(riedrich) & A(lexander) aus der jeweiligen Entstehungszeit über den Risalit-Portalen 2 & 4.

Wir widmen den historisch und allegorisch interessanten Portalrisaliten 1-4 im Folgenden eigene „Kachel-Abschnitte“, um auch auf Inschriften und Figuren-Bedeutungen eingehen zu können.

Ein Klick auf die Bilder vergrößert diese.

Der älteste Bauabschnitt stammt aus der 1. Hälfte des 17. Jh. (entspricht hier R3). Die einst auch architektonisch sehr gerühmte Kanzley war vom fürstlich-brandenburgischen Baumeister Abraham Schade errichtet worden. Die Putzfassaden, wie wir sie heute sehen, wurden erst 1874-1877 in klassizistischem Stil vereinheitlicht.
1885 wurde diese Front noch um den letzten Gebäudekomplex R1 erweitert.

Das kleine Café-Restaurant der Regierung im Innenhof hat Außensitze auf der Terrasse und in der Gartenanlage des Stadtmauer-Grabens. Von dort kann man (außer den Sauriern des Urweltmuseums aus Kanzleistraße 1) auch Reste der bis zu 6m hohen alten Stadtmauer aus dem 14./15. Jh. und solche einer barocken Sandstein-Balustrade sehen.

Historisch sind die 4 Gebäudeabschnitte also über Jahrhunderte nacheinander entstanden (in Klammern die jeweiligen Regierungszeiten):

  • R3=1600,1623-1630,1644-48 unter Markgraf Christian (1603-1655)
  • R2=1737 unter Markgraf Friedrich (1735-1763)
  • R4=1785-87 unter Markgraf Alexander (1769-1791 von Ansbach aus auch für das Markgraftum Bayreuth zuständig)
  • R1=1884/85 unter Königlich-Bayerischer Regierung.

Dazu kommen spätere Flügelbauten im Innenhofbereich von 1858/59, 1885 und 1958/60. Die Kanzlei wurde in mehreren Bauabschnitten immer mehr sowohl nach Süden wie nach Norden erweitert.
Der Katasterplan nutzt die Bezeichnungen R1-R4, über den Portalen vor Ort entsprechen dem die römischen Ziffern TOR I-IV. Die Plan-Übersicht zur Baugeschichte zeigt den Gebäudezuwachs noch detaillierter.

Die Planübersicht stammt aus dem einschlägigen Werk zur Kanzlei von Hellmut Albrecht (damals zuständiger Leiter Hochbau bei der Regierung von Oberfranken): Das Gebäude der Regierung von Oberfranken. Geschichte-Räume-Freiräume und Details, Bayreuth: Oberfrankenstiftung 1998, 80 S.
Siehe auch die Homepage der Regierung:   https://www.regierung.oberfranken.bayern.de/ueber_uns/gebaeude_regierung/kanzleistrasse_fassade/index.html

Textredaktion & Fotos: Dr. Karla Fohrbeck
Quellen & Danksagung siehe Einleitung

Zur Verwaltungsstruktur des Markgraftums siehe den ausführlichen und gut strukturierten Lexikonartikel samt Karten
von Richard Winkler, Bayreuth-Kulmbach, Markgraftum: Territorium und Verwaltung, 
publiziert am 22.12.2014; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL = https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayreuth-Kulmbach,_Markgraftum:_Territorium_und_ Verwaltung.

Das Territorium des Markgraftums Bayreuth-Kulmbach gliederte sich in das „Land oberhalb des Gebirgs“ und das „Land unterhalb des Gebirgs“, getrennt durch die Gebiete der Reichsstadt Nürnberg und des Hochstifts Bamberg. „Hauptstadt“ war Bayreuth (bis 1769), danach Ansbach (bis 1791). Mit einer zielstrebigen Erwerbspolitik verfolgten die Burggrafen von Nürnberg ab Mitte des 13. Jahrhunderts den Aufbau eines Territoriums im östlichen Oberfranken.

Die Zentralverwaltung des Territoriums umfasste den Hofrat, die Hofkanzlei, den Geheimen Rat, das Hofgericht, das Konsistorium, die Hofkammer und das Landschaftskollegium. 1791 fiel das Markgraftum an Preußen, 1807 an Frankreich und schließlich 1810 an das Königreich Bayern.

Die Hofkanzlei besorgte auch auf der Plassenburg schon die Erledigung des Schriftverkehrs in zentralen Rechts-, Verwaltungs- und Regierungsangelegenheiten. Ihre Leitung oblag dem „Landschreiber auf dem Gebirg“. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts bestand das ihm unterstellte Personal lediglich aus dem Hofkaplan und zwei bürgerlichen Schreibern. 1534 sind sieben Schreiber und Sekretäre mit differenzierten Aufgabenbereichen belegt. Sie betreuten auch die Registratur und das 1399 erstmals erwähnte Archiv auf der Plassenburg. Seit 1541 stand ein Kanzler an der Spitze der Hofkanzlei. Mit der Übersiedlung des markgräflichen Regierungssitzes 1603 nach Bayreuth und im Zuge der weiteren Ausdifferenzierung der Zentralbehörden bildeten diese jeweils eigene Kanzleien aus.

* Zum Denkmalschutz siehe auch

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