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COLMDORF – SCHLOSS  CAROLINENRUHE

Das Colmdorfer Schlösschen an der Königsallee

Der ehemalige markgräfliche Landsitz liegt etwas verborgen an der Königsallee in Bayreuth. Vom Auto oder Bus aus kann man immerhin einen kurzen Blick über Mauer und Garten darauf werfen, linkerhand vor allem, wenn man zur Rollwenzelei und Eremitage fährt.

Der kleine Ort Colmdorf hatte 1933 noch knapp über 200 Einwohner und war bis 1939 eine selbständige Gemeinde, gehörte kirchlich aber zur Pfarrei St. Johannis. Seitdem ist er ein Stadtteil von Bayreuth und das geheimnisvolle Schloss – in Privatbesitz – blieb der Öffentlichkeit verborgen. August Sieghardt schreibt im Jahre 1927 in seinem Aufsatz:

„Dieser Herrschaftssitz ist das Schloss Colmdorf, auch Karolinenschlösschen genannt, ein ehemaliges markgräfliches Lustschloss, von dem man im Allgemeinen nicht viel gehört hat.“

Aber das hat sich 2021 geändert. Wir berichten daher hier im Kontext der barocken Markgrafenkultur über die Geschichte von Schloss Colmdorf – und die Wende, die sich jetzt anbahnt und das Schloss auch für die Öffentlichkeit wieder öffnet. Alle zukünftigen Entwicklungen können Sie dann auf der neuen Webseite www.schloss-colmdorf.de erfahren.

Info-Box

Schlossmuseum Carolinenruhe
Colmdorf 8
95448 Bayreuth
www.schloss-colmdorf.de

Schlossführungen für Gruppen ab 4 Personen
Terminvereinbarung unter Tel. 0921 – 61878

P. Rothenbücher KG · Schloss Birken · 95447 Bayreuth

. . .  einst herrschaftlich-markgräfliches Lehen

Wir lassen die Steinzeit um Colmdorf (und Bayreuth) hier weg, auch die Geschichte der Grafen von Andechs, auch den Übergang der Herrschaft von Bayreuth 1260 an die hohenzollernschen Burggrafen von Nürnberg am Ende von Erbfolgestreit und Vertrag von Langenstadt und kommen zu den ersten Aufzeichnungen im Landbuch A von 1398 des markgräflichen Amtes Bayreuth. Dieses verzeichnet in Kolbendorf  – so hieß es anfangs – 2 Höfe, nämlich : Schleicher zu Bayreuth 1 Hof, Heinrich und Konrad Fleischer zu Bayreuth 1 Hof.

Etwas verwirrend, denn im gleichen Jahr 1398 findet sich auch ein Eintrag im Lehenbuch des Markgrafen Johann III. und nennt lediglich „Heinrich und Cunrat (= Konrad) die Fleischer von Beyerrewt“ als Besitzer eines Hofes „gelegen bey Beyerrewt, heisst Kolbendorf“. Johann III hatte 1398 von seinem Vater das „oberbürgische Fürstentum“ (=obergebirgische) Kulmbach-Bayreuth geerbt und seine Residenz in der Plassenburg aufgeschlagen. Das wirkt erst einmal glaubwürdig, wenn man die Besitzfolge danach betrachtet, denn erst geht scheinbar der eine, dann mit zeitlichem Abstand der andere Hof als markgräfliches Lehen an die von Imhofs und das Dorf kommt unter eine Adelsobrigkeit.

Über einen langen Zeitraum jedenfalls, von 1409 bis 1603 ist Colmdorf (so wird es urkundlich 1421 zum 1. Mal genannt) markgräfliches Lehen im Besitz des Rittergeschlechts von Imhof.  Erst erhielt Hans (der Ältere) Imhof im Jahr 1409 von Markgraf Johann III „den hof Kolbendorf genannt“, der ihm vom Bayreuther Bürger Heinrich Schleicher heimgefallen war. Dann erhielt er, aber erst 1422, vom Nachfolger Markgraf Friedrich I. auch den restlichen Teil des Dorfes, der zuvor im Lehensbesitz des Bayreuther Bürgergeschlechts Fleischer gewesen war, „mit hofen, selden, weyern und mit allen und iglichen seinen zugehorungen“. Beide Höfe gehörten nun den Imhofs.

Es gibt aber noch eine andere Lesart, denn Historiker leisten Detektivarbeit, und hier ist Walter Bartl (Historiker am Stadtarchiv Bayreuth) am Werk: Colmdorf war von Anfang an nur e i n Hof, dafür ein sehr umfangreicher Hof, den die Bayreuther Bürger Sleicher zu Lehen hatten. Das Missverständnis mit den 2 Höfen kommt daher, dass die 1398 im Landbuch und Lehenbuch genannten Sleicher und Fleischer ein und dieselbe Familie waren. Richtig ist wohl Sleicher, denn der Name taucht im Landbuch noch mit weiterem Besitz auf. Als die von Imhof den Hof bekamen, der ihnen bei jedem Markgrafenwechsel vom Amt neu als Lehen bestätigt werden musste, teilten sie den Hof und legten noch 3 Sölden dazu an, wohl zur Gewinnoptimierung. Dass die beiden späteren Höfe aus einem Hof entstanden, lässt sich anhand der Lage ihrer Äcker beweisen.

Danach jedenfalls bleibt Colmdorf in der chronologischen Erbfolge, die wir hierRichard Winkler folgend – einfach aufreihen: 1451 wurde der Sohn Martin Imhof mit den Gütern belehnt. 1464 erscheint Colmdorf, bestehend aus zwei Höfen und zwei Sölden, im Lehensbesitz seiner Söhne Balthasar & Pankraz (d. Ä.) Imhof. Letzterer ließ irgendwann im Zeitraum zwischen 1499 und 1517 das Colmdorfer Schloss errichten; denn im „Lehenrevers“ seines 1517 belehnten Sohnes Pankraz (d. J.) Imhof ist erstmals auch von einem „sitz“ zu Colmdorf die Rede.

Zum Beginn des 16. Jahrhunderts schloss sich Pankraz Imhof d. Ä. mit vielen Vertretern des Niederadels dem Kanton Gebirg der Fränkischen Reichsritterschaft an. In der Matrikel von 1580 wird Imhof zu St. Johannis, der auch Herr des von Pankraz Imhof vor 1517 erbauten Schlosses bzw. des Ritterguts in Colmdorf war, als Mitglied des reichsritterschaftlichen Adels genannt. Das betraf aber nicht diese Lehensgüter und hat gelegentlich in den Quellen zu Missverständnissen geführt. Denn die Rittergüter St. Johannis und Colmdorf gehörten zwar beide den von Imhof, unterstanden aber nicht Kaiser und Reich, sondern der markgräflichen Lehenschaft und sind – seit es dazu Aufzeichnungen gibt (also seit 1398) –  in den markgräflichen Lehenbüchern aufgeführt. Die Vorbesitzer waren ohnehin Bürger, keine Adeligen.

Um diese Besitzerfolge derer von Imhof also abzuschließen:
1531
empfingen dessen Söhne Hans (d. J.), Fritz & Georg Imhof das Rittermannlehen. 1552 Nach dem Tod seiner Brüder war Georg Imhof alleiniger Herr auf Colmdorf. 1591 fiel das Rittergut an seinen Sohn Georg Pankraz, der 1597 verstarb und den noch unmündigen Sohn Erasmus hinterließ, der kurz darauf, im Februar 1598, auch starb. 1598 erlosch somit das Geschlecht der Imhof „im Mannesstamm“.

Der Besitz fällt daher 1598 an Markgraf Christian (1581 geb., Regierungszeit 1603-1655) zurück. Dieser verlegte 1603 seine Residenz von der Plassenburg nach Bayreuth und belehnte im selben Jahr seinen Kanzler und Geheimen Kammerrat Friedrich Hildrich von Varell auf Burghaig „umb seiner Unnß vielfelltig geleister getreuer dienst willen“ mit dem Rittergut Colmdorf. Es umfasste neben dem Schlossbau u. a. 25 Tagwerk Wiesen, 100 Tagwerk Feld, 1 Schäferei & 3 Sölden (= Anwesen von Kleinbauern). Der Freiherr musste allerdings das „jüngst abgepranndte“ Schloss in Colmdorf neu aufbauen, wobei dieser hölzerne Vorgängerbau des heutigen Schlosses etwas weiter südlich lag. Er wird ab Mitte des 16.Jahrhunderts in den Urkunden erwähnt. Freiherr von Varell wird zu dieser Zeit auch Lehensbesitzer auf dem verwaisten Ansitz in St. Johannis.

1616 aber kaufte Markgraf Christian die Güter zurück, um sie zusammen mit den ebenfalls heimgefallenen Rittergütern St. Johannis, Bühl und Mistelbach am Weihnachtstag 1621 seiner Gemahlin, Markgräfin Maria auf Lebenszeit zu vermachen. Seitdem blieb Colmdorf Bestandteil des Amtes St. Johannis. 1649 stirbt Markgräfin Maria.

1662 schenkte wiederum der Erbe Markgraf Christian Ernst (1644 geb., Regierungszeit 1661-1712), Enkel und Nachfolger von MG Christian, das Colmdorfer Schloss seiner 1. Gemahlin Erdmuthe Sophie (1644-1670), einer sächsischen Prinzessin aus dem Haus der albertinischen Wettiner. Sie war eine der gelehrtesten Frauen ihrer Zeit, die Kirchenlieder und Dichtungen schrieb, sich für Literatur interessierte und zwei bedeutende, der Frühaufklärung verpflichtete Geschichtswerke verfasste. Sie starb aber noch sehr jung.

Schloss Colmdorf im Winter. Hans-Joachim Schirmer. 1987. Aquarell
Das renovierte Schloss Colmdorf 2021 (Foto: Pero Köhler)

Ein Palais für den Minister & Freiherrn von Reitzenstein

1754 erwirbt der 33jährige Husarenoberst Caspar Christoph Liebmann von Reitzenstein, Minister von MG Friedrich, das markgräfliche Lehen in Colmdorf und bricht das alte, weiter südlich gelegene, baufällige Schloss ab. Er will sich ein standesgemäßes Palais bauen, „eine Art villa suburbana“ (Sylvia Habermann) und wählt dazur ein günstiger gelegenes Grundstück.

Das markgräfliche Hofbauamt unter Rudolf Heinrich Richter übernimmt die Bauleitung 1754/55. Aus dieser Zeit besteht noch der ursprünglich kubische Hauptflügel aus Sandsteinquadern mit Walmdach, der später zum Mittelbau des dreiflügeligen Schlosses wird, das schöne Eingangsportal mit gefelderten Türflügeln und Oberlicht sowie das freiherrliche Wappen im Schlussstein der Balkontür im 1. Obergeschoss.

Aber schon 1759 kauft es Markgraf Friedrich (1711/35-1763) von ihm zurück, da er wieder heiraten will und einen Landsitz für seine 2. Gemahlin sucht. Der junge ehrgeizige Minister & Freiherr von Reitzenstein, der sich des Schlosses nicht lange hatte erfreuen dürfen, hatte nun etwas gut bei ihm.

Ganz köstlich, wie die beiden ungleichen „Handelspartner“ im Herbst 1761 auf dem abgeschiedenen markgräflichen Jagdschloss Kaiserhammer im Sechsämterland sich gegenseitig offizielle Briefe schreiben, nachdem von Reitzenstein am 22. September dem Markgrafen sein Gesuch um einige Baugnaden wegen eines (in der Stadt Bayreuth) geplanten Ersatz-Neubaus vorgelegt hatte. Den Bauplatz in der im Ausbau befindlichen Jägerstraße (heute Luitpoldplatz 15) hatte er schon im August 1760 zielstrebig erworben. Sein Schreiben beginnt anzüglich „Ewer Hochfürstl. Durchlaucht war gnädigst gefällig, mir mein in Colmdorff erbautes Haus und Zugehörungen gnädigst abzunehmen…“

Für sein neues städtisches und wesentlich prunkvolleres Palais Reitzenstein wünscht er sich den begabten Architekten Carl Gontard, der ihm inzwischen einen Riss für einen regelrechten Staatsbau nach italienischen Vorbildern entworfen hatte und der schon seit einigen Jahren R. H. Richter in der Leitung des Hofbauamtes ergänzte, nachdem MG Friedrich ihn zur weiteren Ausbildung nach Frankreich und Holland gesandt und auf seine und Wilhelmines Kunst- und Architekturreise nach Frankreich und Italien mitgenommen hatte.  Das wird genehmigt, denn daran sind alle Beteiligten interessiert, dass „das Hauß mit dem Proceßrath Layritz- und Örtel-Schneiderischen Hauß, des beßern Prospects halben in einer Front zu stehen komme.“

Aber er wünscht sich auch ein gehöriges, genau spezifiziertes kostenloses Holzquantum, „Waldzinßfrei“, dazu „gemahlnen Gipß à 260 mees, benebst noch einer besonderen Geld-Zubuße von 2000 fl. fränck.: ohne unterthänigste Maas-Vorschriebung, in Gnaden so mehr angedeihen zu laßen, als doch sonsten Höchstdieselben allezeit geruhet haben, anderen die bebauende Plätze frey zu schencken, und auch solche vielmehr Höchstdieselben zu bezahlen… unterschrieben mit (jetzt übersetzt) Euer untertänig treu gehorsamster . . .

Markgraf Friedrich ist großzügig, am 1. Oktober 1762 wird dem Minister all das gewährt. Aber da Gontard 1764 als Leiter des königlichen Baukontors für das gesamte Bauwesen der Residenzstädte Berlin und Potsdam zu Wilhelmines Bruder König Friedrich II. geht, übernimmt Rudolf Heinrich Richter nach dem vorliegenden Gontard-Plan die weitere Bauausführung. „Auch hier ist die Baumitte durch Säulenbalkon und stattlichere Fenster bereichert,“ schreibt Karl Sitzmann – bei dem all dies ausführlich belegt und beschrieben wird  (in AO 1952, siehe Literatur unten).

Carolinenruhe in Colmdorf als Markgräfliche Morgengabe

Markgräfin Wilhelmine (1709-1758) war im Oktober 1758 gestorben und hatte nur eine Tochter hinterlassen, Elisabeth Friederike Sophie (1732-1780), die nach einer glücklichen Hochzeit 1748 nun unglücklich in Württemberg mit Herzog Carl Eugen verheiratet war und ab 1763 wechselnd im Alten Schloss in Bayreuth und im Donndorfer Schloss Fantaisie wohnte, das sie auch weiter ausbauen ließ.

Markgraf Friedrich (1711-1763) war damals erst 47 Jahre alt und das Land erwartete einen Erben. 1759, ein Jahr nach Wilhelmines Tod traf er daher eine standesgemäße Wahl und nahm eine Nichte von Wilhelmine, Sophie Caroline Marie (1737-1817) zur Gemahlin, eine gebildete und attraktive Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, die 26 Jahre jünger war als er. Die aufwendige Hochzeit fand am 20. September statt.

In Bayreuth ließ der Markgraf neben dem Südflügel des Neuen Schlosses (den er selbst bewohnte) für sie den sogenannten Italienischen Bau mit Pedrozzi-Stuck und Rokoko-Innenräumen errichten. Nun galt es, für sie einen Sommersitz zu finden wie ihn Markgräfin Wilhelmine in der Eremitage hatte. MG Friedrich erwarb daher 1759 das Colmdorfer Schloss mit dem Mittelbau von seinem Minister Reitzenstein zurück.

Der Markgraf hatte das Schlösschen als Überraschung geplant, denn nicht die junge Markgräfin, sondern . . .

MG Friedrich selbst agierte als Bauherr  . . .

natürlich mit seinem Hofbauamt, das damals unter gemeinsamer Leitung der Architekten Rudolf Heinrich Richter und Carl Gontard stand. Er nutzte die Zeit 1759/60 zwischen Erwerb und Schenkung bzw. der „offiziellen Übergabe“ des Schlosses als Morgengabe an seine junge Frau. In diesen Zwischenmonaten (also weniger als 1 Jahr) erhielt dieses seine seitdem bestehende Gestalt als Dreiflügelanlage. Wolfgang Jahn schreibt 1990 dazu:

„Den jeweils äußeren drei Achsen wurden eckpavillonartige Seitenflügel von drei zu drei Achsen vorgelegt, die ein niedrigeres Dach tragen und deren Baunähte sowohl an den Flanken als auch an der Fassade des Schlosses zu bemerken sind. Im Obergeschoss des westlichen Flügels wurden dadurch vier Räume gewonnen, in dem des östlichen zwei und ein Treppenhaus. Zu Fenstern vermauert wurden die zwei Türen beiderseits des Portals. Der Balkon darüber, schon ursprünglich zum Portalrisalit gehörend und durch eine Fenstertüre vom Saal erreichbar, bekam ein schmiedeeisernes Gitter mit einem Fürstenhut und dem Monogramm SCM der neuen Schlossherrin.“

Der Markgraf gab diesem Landsitz mit seinem langgestreckten Garten nun den Namen Carolinenruhe und übergab es am 1. August 1760 als Hochzeitsgeschenk seiner jungen Frau, „der es in der Eremitage gar nicht gefiel“, wie Stadthistoriker J. W. Holle 1833 schreibt. Der gleichzeitige Donationsbrief macht die 23jährige Gemahlin und jetzt „regierende Fürstin“ zur Besitzerin von „Colmdorf mit allen dessen Ein- und Zugehörungen“.

In der Schenkungsurkunde waren aufgeführt „ein massiv gebautes Wohnhaus, Garten, Orangerie, Stadel, Schäferhaus, Wiesen und Felder, sowie der ganze Ort Colmdorf mit allen zum Landgut gehörigen Untertanen und Lehensleuten“. Der Markgraf verfügte auch die Abtrennung des Ritterguts Colmdorf vom Amt St. Johannis und überließ es seiner Gemahlin „zu freiem Eigen“.

Bei seinen umfassenden Recherchen zu den markgräflichen Hofkünstlern zitiert Wolfgang Jahn 1990 auch die Rückseite dieses Donationsbriefes, die ein von MG Friedrich persönlich, und zwar in Alexandrinern verfasstes, liebevolles Widmungsgedicht trägt (siehe rechts).

Der Balkon mit seinem schmiedeeisernen Geländer war sicher für die 22jährige Markgräfin eine besondere, nicht nur architektonische Freude, auch wenn man nicht weiß, wie oft sie diesen Landsitz überhaupt nutzte. Von hier aus hatte sie einen weiten Blick über den Schlossgarten hinaus ins Land, denn die repräsentative Hauptfront ist ganz auf den Garten ausgerichtet. Von der Rückseite des Schlosses ging der Blick nach St. Johannis und in die Mainauen.

Den Seitenflügeln vorgelagert befinden sich zwei verzierte Sandsteinportale, die einst die Zufahrt darstellten. Eines davon ist jedoch durch eine Scheune verbaut.

Die bisherige Überlieferung jedenfalls, die Markgräfin habe das Schlösschen gebaut, kann als hinfällig betrachtet werden, auch wenn es so stichwortartig noch in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege steht (D-4 -62-000-391): „1759 durch Markgräfin Sophie Caroline Marie Anbau der beiden Seitenflügel vermutlich von Rudolf Heinrich Richter“. Nein, 1759 wusste sie noch gar nichts davon – die Hochzeit war zudem am 20. September.

Balkongitter mit Fürstenhut und Monogramm SCM (Fotos: Pero Köhler 2021)
Blick durchs Tor an der Königsallee
(Fotos: Franz Simon Meyer 2008, Pero Köhler 2021)

Schloss Fantaisie blieb für Markgräfin Sophie Caroline ein Luftschloss

Doch auch hier behagte es ihr nicht“, fährt Holle fort, „und der Markgraf kaufte ihr die Güter Donndorf, Eckersdorf und St. Gilgenberg, wo ein neues Schloss (= Fantaisie) erbaut wurde, das im Jahre 1765 vollendet wurde.“ Es stimmt aber nachweislich nicht.

Fantaisie war – nachdem besagte Lehensgüter des 1756 ausgestorbenen Geschlechts derer von Lüchau an den Markgrafen zurückgefallen waren – von diesem seiner Gemahlin Wilhelmine geschenkt worden. Er hat sie also nicht gekauft. Und da die Eindrücke der Italienreise beim Markgrafenpaar noch nachwirkten, auch auf den jungen Architekten Gontard, wurde Fantaisie als Bauprojekt nach dem Vorbild der römischen Villa Doria Pamphili in Angriff genommen, aber mit dem Tod von Wilhelmine abgebrochen.

Es wurde danach wohl für Friedrichs 2. Frau Sophie Caroline daran weitergebaut, fiel aber nach seinem Tod an den Nachfolger MG Christian Friedrich (1763-1769), von dem es Herzogin Elisabeth Friederike Sophie von Württemberg im Tausch gegen ihre Edelsteine erwarb, weiter ausbaute und ab 1765 auch bewohnte. Für sie war es von den markgräflichen Eltern ursprünglich auch gedacht gewesen.

Markgräfin Sophie Caroline hätte es ohnehin nicht mehr beziehen können, denn sie hinterließ, als Markgraf Friedrich am 26. Februar 1763 starb, keine Erben und erhielt das Erlanger Schloss als Witwensitz, wo sie bis zu ihrem Tode 1817 auch wohnte (und dort offenbar recht beliebt war).

Barocke Sandsteintrophäen von Johann Jeremias Martini

Die Idee zu den Sandsteintrophäen stammt sicher nicht von der jungen Markgräfin. Sie zeigen eher, dass der bauerfahrene und selbstbewusste Markgraf hier „sein Revier absteckte“.

Zu den Sandsteinsäulen mit Trophäen hat der frühere Leiter des Landbauamts Bayreuth und spätere Stadtheimatpfleger Franz Simon Meyer eigene Recherchen angestellt. Zu solchem Trophäen-Schmuck wurden Fahnen, Helme, Brustschilde, Siegeszeichen, Instrumente der Militärmusik sowie Kriegsgerät und Kriegsbeute phantasiereich „gebündelt“. Die Vorliebe für Trophäenschmuck auf Säulen, an Brunnen und Portalen gehörte schon vor Markgraf Friedrichs Zeiten zur Markgrafenkultur in Bayreuth (z.B. 1705 am Markgrafenbrunnen von Elias Räntz vor dem Neuen Schloss).

Spezialist für solche Trophäen-Reliefs und -Skulpturen zu Markgraf Friedrichs Zeit (1735-1763) war der Bildhauer Johann Jeremias Martini (1710 – 1760). Seine Sandsteintrophäen schmückten z.B. – vollplastisch – die prächtige Toreinfahrt zu den markgräflichen Stallungen (später Geißmarkt) zwischen den Häusern Friedrichstr. 19 und 21 oder – als Halbrelief – das seitliche Barockportal der einstigen Reithalle (heute Friedrichsforum). Als Vergleich werden die entsprechenden Fotos (von Karla Fohrbeck) mit eingefügt.

Die Trophäen-Säulen von Schloss Colmdorf, die 1759/60 schon zum markgräflichen Bauprojekt gehörten und alle noch existieren, markieren je 2 am Westportal (Fotos mit blauem Himmel) und 2 am Ostportal (Fotos mit Dachausschnitt im Hintergrund) das Einfahrts- und das ehemalige Ausfahrtstor. Sie sind mit je einer Waffentrophäe bekrönt (Fotos von Franz Simon Meyer).

Trophäenschmuck war ursprünglich auch an der Markgräflichen Mainkaserne (1737) und auf den barocken Schmuck- und Zolltoren an den Ausfallstraßen der Stadt Bayreuth angebracht, die 1752 errichtet wurden. J. C. E. Reiche beschreibt in seinem Bayreuth–Buch von 1795 6 dieser 7 Tore: „Übrigens aber fallen sie ins Auge, da sie zwey gegen einander überstehende steinerne Säulen bezeichnen, deren Häupter Kriegs-Trophäen schmücken.“ Diese Tore wurden zum großen Teil um 1851 abgebrochen, die Trophäensteine z. T. in den Röhrenseeanlagen aufgestellt und bei Bedarf an anderer Stelle wieder aufgebaut, z.B. Ecke Friedrichstraße/ Wilhelminenstraße.

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Deckenstuck von den markgräflichen Hofstukkateuren

Einen Grundriss zum Schloss Colmdorf präsentiert uns August Gebessler. Er beschreibt 1959 das Schloss-Innere folgendermaßen:

„Im Hausflur Rahmenstuck, Treppe oben doppelläufig, mit Holzbalustern, Im Obergeschoss Balkonsaal mit Stuckdecke aus Blattranken und Putti; Teile der Boiserie (= Holzvertäfelung) und 2 eingelassene Spiegel erhalten. Westlich anschließend 3 Räume: Im 1. Raum zarter Rocaillestuck. Im 2. Raum Stuckdecke aus Gitterwerk; Tonofen mit Chinoiserien. Im 3. Raum Stuckdecke mit Blumen. Fayenceofen (Mitte 18. Jh.) mit Rocailledekor und Reliefs höfischer Szenen. Der Stuckdekor aus der Bauzeit in der Art des Jean Baptist Pedrozzi.“

Ein paar Jahre zuvor nahm Historiker Wilhelm Müller das Schlossinnere in Augenschein und berichtet 1951: „Das Obergeschoss enthält in Saal und Gemächern noch eine Anzahl guter, nur vielfach überstrichener Stuckdecken, welche die gleiche Meisterhand verraten wie im Neuen Schloss zu Bayreuth. Auch gemeißelte Kamine und 2 Öfen, an dem einen entzückend modellierte Kachel mit chinesischer Landschaft.“

Sylvia Habermann wiederum legt sich lieber nicht so fest, betont aber die Qualität und schreibt 1983: „Das Innere des Schlösschens . . . wurde von den Stukkateuren und Schreinern des Hofbauamtes ausgestattet. Einige wenige Rudimente der Ausstattung haben sich erhalten und zeugen vom erlesenen Geschmack und dem Einfallsreichtum der Bayreuther Innendekoration um 1760.“

Doch Wolfgang Jahn widmet sich 1990 besonders ausführlich den qualitätvollen Stuckdecken des Colmdorfer Schlösschens. Zum einen weist er nach, dass die Stuckdecken nicht aus der Zeit von Vorbesitzer Reitzenstein stammen können, denn der Befund zeigt

eine uneingeschränkte Gleichartigkeit sowohl des Ornamentstils als auch der Anlage der Decken mit reich profiliertem Gesims und hoher Voute, die nur durch Gleichzeitigkeit der gesamten Ausstattung erklärbar ist.“

Er weist die Stukkaturen insgesamt Adam Rudolph Albini  (1710-1797) zu und widerlegt auch „Karl Sitzmann, der die Stukkaturen Giovanni Battista Pedrozzi zuschreibt, und August Gebessler, der in ihnen die Art Pedrozzis zu erkennen glaubt. Mit diesem Künstler haben die Colmdorfer Dekorationen jedoch nichts zu tun, vielmehr stammen sie sämtlich von Adam Rudolph Albini und sind mit dessen belegten und in dieser Untersuchung zugewiesenen Stukkaturen aufs engste zu verbinden.“

Er vergleicht dann Raum für Raum im Colmdorfer Schloss die Stuckdecken und -details mit anderen Werken Albinis, bis zu der „kleinen Gesellschaft von Putten“, die ihr Pendant in Sparneck findet, „wo der Oberkörper eines Falkner-Puttos als Replik des Colmdorfer Bogenschützen zu erkennen ist“. Vergleiche nicht nur mit der Bayreuther Spitalkirche oder der Nemmersdorfer Kirche sind aufschlussreich, sondern vor allem die Vergleiche mit den
„Stukkaturen des zweiten Bauabschnitts im südlichen Flügel des Neuen Schlosses (Bayreuth), die 1758 entstanden sind und die Albini zuzuweisen waren. Die große Ähnlichkeit dieser Dekorationen mit dem Colmdorfer Stuck bezeugt nicht nur, dass beide Ausstattungen zeitlich eng benachbart liegen, sondern auch, dass sie unter der Verantwortung desselben Dessinateurs, also wohl Rudolph Heinrich Richters, zustande kamen“.

Weiter können wir diese spannende Stuckforschung nicht rezitieren, man lese im auch sonst lohnenden Original zu den markgräflichen Hofkünstlern nach. Ganz aktuell dazu : Im gerade erschienenen 100. Jahresband des Archivs für Oberfranken (= AO 2020) befasst Wolfgang Jahn sich mit der Neubewertung der Stukkaturen im Neuen Schloss und hält es für möglich, dass die offensichtlichen Erneuerungen in den 3 Gobelinzimmern im Nordflügel, im Gobelinsaal im Südflügel und im nördlichen Treppenhaus, die man bislang nicht zuordnen konnte, auf  Sophie Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel zurückgehen könnten, datiert auf die Zeit um 1760.

Da beide Schlösser zeitgleich für die junge Markgräfin realisiert wurden, der Italienische Bau (an Hofgarten und Neuem Schloss) wie auch Colmdorf, da beide Gebäude „die charakteristischen Stukkaturen des Bayreuther Rokoko enthalten“, und da in dieser Zeit beide unter der persönlichen Planungsregie des baufreudigen Markgrafen sowie des Hofbauamts unter gemeinsamer Leitung der Architekten Rudolf Heinrich Richter (um 1700-1771) & Carl Gontard (1731-1791) standen – spricht zumindest alles dafür, dass auch in Colmdorf die markgräflichen Hofstukkateure am Werk waren. Jetzt, wo das Schloss frisch restauriert ist, wird ein Detailvergleich sicher mehr Klarheit bringen. Die provisorischen Fotos dazu von Wolfgang Jahn 1990 und Pero Köhler 2021 geben zumindest einen ersten Eindruck.

Der Barockgarten damals

Den Weg von Bayreuth zur Eremitage ging ab 1809 auch Bayreuths und Bayerns berühmtester Dichter Jean Paul (1763-1825) – jedenfalls in seinen guten Jahren – „beinahe täglich“. Er kam also stets an Schloss Colmdorf vorbei, blieb dann aber zumeist in der nahen Rollwenzelei an der Königsallee in der für ihn eigens reservierten Arbeitsstube (mit Blick Richtung Eremitage, Seulbitz & Grunau) hängen.

Der Maler Arpad Schmidhammer (1857-1921) war damals kein unbekannter, er hat im selben Jahr 1896 die Figurinen zu Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ entworfen. Bekannt wurde er aber vor allem als Buchillustrator und Karikaturist.

Den Garten konnte man als Wanderer oder Spazieränger wegen der hohen Sandsteinmauer nicht einsehen. Da macht es uns das Luftfoto von Herbert Popp aus dem Jahr 2005 (weiter unten) leichter. Man erkennt, das Schloss ist in der Hauptachse auf einen großen rechteckigen Garten ausgerichtet, der zur Königsallee und auch zur Dorfstraße hin (die übrigens zum Schloss gehört) von der alten Mauer mit aufgesetzter Sandsteinbalustrade geschützt und begrenzt wird.

Wolfgang Jahn bezieht sich auf die Schenkungsurkunde 1760 und den Lageplan von 1799, auf dem der barocke Schlossgarten in gleicher Breite wie das Schloss eingezeichnet ist.  Die Überlieferung, dass es in diesem kleinen fürstlichen Hofgarten Wege, Skulpturen in Menschen- und Tiergestalten, Grotten, Lauben und Wasserkünste gab, hält sich noch bis in die jüngste Gegenwart. Der Schlosshof und der Schlossgarten waren und sind durch eine Sandsteinbalustrade mit offenem Durchgang getrennt.

Gärtnerhaus und Scheune gab es laut Plan von 1799 noch nicht. Das zur Königsallee hin, der Mauer vorgelagerte Gärtnerhaus existierte, so die bisherige Version, spätestens seit 1850, denn da ist es auf dem Katasterplan eingezeichnet, und zwar an der neuen Grundstücksgrenze, nachdem das Grundstück zwischenzeitlich – wie der Kartenvergleich ergibt – um ca 17 m nach Osten hin erweitert worden war.

Aber es gibt eine andere Überlieferung, zwar nicht schriftlich, aber belegbar durch alte Dachziegel, die man dort fand – die gleichen, die auch auf dem Schlossdach waren. Denn dieses zum Schloss gehörige sog. Gärtnerhaus an der Königsallee, ein eingeschossiger Sandsteinquaderbau mit Walmdach, war zuletzt längere Zeit unbewohnt und zeigte beträchtliche Bauschäden. Um dieses Gebäude zu erhalten, wurden 2008 von der Stadt Bayreuth (Untere Denkmalschutzbehörde) Notmaßnahmen veranlasst, da sich die Privateigentümer dazu nicht in der Lage sahen. Der Dachstuhl wurde saniert und das Dach erhielt – dem Fund entsprechend – eine neue Eindeckung aus naturroten Biberschwanzziegeln.

Und darauf gründet sich eine mündlich tradierte Überlieferung, dass dieses Gebäude einst ein kleines Gardehaus war, für die Garde von Markgräfin Sophie Caroline – mit kleinem Exerzierplatz am hinteren Gartenmauereck, wo auch die Kutschen standen. Dass die späteren adeligen und bürgerlichen Besitzer weder Garde noch aufwendigen Barockgarten brauchten und das Gelände gärtnerisch anders nutzten, leuchtet jedem ein.

Die Scheune hinter dem Osttor wurde nach den Unterlagen des Staatlichen Vermessungsamtes erst 1913 errichtet. Im 20. Jh. – nach 2 Weltkriegen – waren der Obst- und Nutzgarten, mit Wiesenflächen dazwischen, eine große Hilfe.

Sylvia Habermann, Barockgarten-Fachfrau und frühere Leiterin des Historischen Museums Bayreuth fasst 1983 das Konzept von geometrischer Gartenanlage und Schloss im Rückblick und Vergleich noch einmal zusammen: „In seinem ursprünglichen Charakter als Miniatur eines Schlosses und Miniatur eines Rokokogartens gehörte es zweifellos zu den originellsten Bayreuther Bauwerken.“ Aber: „Durch fortschreitenden Verfall, schwerwiegende Eingriffe in die Bausubstanz und den Verlust der Innenausstattung geriet Colmdorf in einen beklagenswerten Zustand.“

Aber das ist jetzt alles schon Vergangenheit. In den kommenden Jahren wird dort ein Gartencafé der Öffentlichkeit einen „locus amoenus“, einen idyllischen angenehmen Ort zur Erholung bieten.

Fotos: 1972 (sw) aus Kurt Herterich: Im östlichen Bayreuth,
2008 (noch vor der Renovierung) von Franz Simon Meyer, 2021 Pero Köhler.

Prominenter Besitzwechsel nach 1763 – vom Adel kauft es der Gärtner

Nach dem Tod von Markgraf Friedrich im Februar 1763 hatte das Gebäude viele Eigentümer. Die jetzt verwitwete Markgräfin Sophie Caroline bot das Schloss zuerst dem Nachfolger Markgraf Friedrich Christian (1763-1769) an, aber der musste erst einmal markgräfliche Staatsschulden abbauen. So veräußerte sie Colmdorf am 15. Dezember 1763 an den Geheimen Kammerrat Johann Friedrich Börger für 16.000 Gulden. Die unmittelbaren Folgebesitzer hat Richard Winkler im Historischen Atlas von Bayern gelistet, samt den interessanten Spekulationsgewinnen, die damit einhergingen:

  • 1766 kauft der Geheime Minister Johann Christian Tritschler von Falkenstein das Gut für 18.200 Gulden,
  • 1781 veräußert es seine Witwe für 25.000 Gulden an Frederike Augusta Henriette von Tettau,
  • 1785 ging es im Tausch gegen das Rittergut Plankenfels an den Wunsiedler Amtshauptmann Carl Georg Christoph Ernst von Schlammersdorf. Und dieser bot es
  • 1786 umgehend der Bayreuther Hofkammer bzw. Markgraf Christian Friedrich Carl Alexander (1769-1791 MG von Brandenburg Bayreuth) zum Kauf an. Am 4.7. des Jahres gelangt es nun für sage & schreibe 38.289 Gulden an Brandenburg-Bayreuth.

MG Alexander war es die Investition wert, wollte er doch nicht „ein fast vor den Thoren der Herrschaftlichen Residenz-Stadt neuerlich entstandenes Voigtländisch freyeigenthümliches Rittergut“ als Störfaktor haben. Außerdem sollte Colmdorf wieder dem Amt St. Johannis integriert werden, zu dem es bis 1760 – samt ritterschaftlichen Grunduntertanen – gehörte. Und das Umland konnte schließlich einzeln verkauft werden.

Da der Markgraf persönlich nicht an Schloss Colmdorf interessiert war, veräußerte die Hofkammer das Schlossgebäude an den Bayreuther Oberforstmeister Freiherr Spiegel von Pickelsheim für 3.300 Gulden als Erbzinslehen. Die „ritterschaftlichen Grunduntertanen“ kamen wieder zum Amt St. Johannis.

  • Danach als Eigentümer: der „Fürstliche Bereiter“ Johann Kaspar Apel und seine Erben,
  • später die verwitwete Hoffischerin Barbara Sabine Dorothea Fortling aus Bayreuth
  • 1792 Die Markgrafschaft fällt an das Königreich Preußen

Auch in der Folgezeit wechseln die Besitzer oft, bis das einstige Adelsschloss „mit Umgriff“ 1886 an den Gärtner Johann Friedrich Popp geht – laut August Sieghardt für 33.000 Mark. Und im Familienbesitz verblieb es dann – bis heute.

Verkaufsanzeige Schloss Colmdorf 1786
in der Bayreuther Zeitung.
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Franz Simon Meyer führt in seinem Manuskript als weitere Besitzer an:

  • 1805 Der Wirt und Metzgermeister Johann Heinrich Schmidt aus St. Johannis kaufte das Schloss von Barbara Sabine Dorothea Fortling.
  • 1806 Beginn der französischen Herrschaft
  • 1810 Bayreuth kommt zum Königreich Bayern
  • 1826 Metzgermeister Heinrich Schmidt verkaufte das Anwesen je zur Hälfte an den Hofbauern Johann Ernst Kolb und an den Müllermeister Johann Georg Höhn.
  • 1831 Johann Ernst Kolb erwarb die Anteile von J. G. Höhn und übergab das Schloss insgesamt an Revierförster Andreas Kolb.
  • 1876 Nikolaus Kolb, Sohn des Andreas Kolb, verkaufte das Schloss an Georg Kolb, Besitzer der Flachsspinnerei Laineck.
  • 1886 Der Gärtner Johann Friedrich Popp erwarb das Anwesen von Friedrich Kolb nach dem Tod von dessen Vater Georg Kolb.
  • 1906 Neuer Eigentümer war der Bauer Johann Gustav Eberhard Popp, Colmdorf.
  • 1930 Katharina Popp, Frau von Johann Gustav Eberhard Popp, war als Eigentümerin eingetragen.
  • 1943 Eigentümer war der Bauer Heinrich Popp.
  • 1967 Erbengemeinschaft Anna Magdalena Popp, Gustav Popp & Hannelore Popp.
  • 1972 Erbengemeinschaft Babette Hannelore Popp & Friedrich Gustav Popp.

Prominente Mieter vor dem 1. Weltkrieg  –
Isolde Beidler, Tochter von Richard & Cosima Wagner

1901 – 1912 bewohnten IsoldeFranz Philipp  Beidler das Colmdorfer Schloss. „Soldchen“ war die älteste, 1865 noch unehelich geborene Tochter von Cosima & Richard Wagner, deren Bedeutung man in Bayreuth nicht erläutern muss. Er (1872-1930) kam aus der Schweiz, war ambitionierter Hofkapellmeister und eckte daher als Dirigent gelegentlich auch mit dem musikdynastischen Kronprinzen, seinem Schwager Siegfried Wagner an.

Isolde & Franz Phillip Beidler hatten im Dezember 1900 geheiratet (sie 35 Jahre alt, er 28 Jahre) und mieteten sich 1901 im Colmdorfer Schlösschen ein, wo am 16. Oktober auch ihr einziger Sohn Franz Wilhelm Beidler (1901-1981) geboren wurde, später ein bekannter Schweizer Publizist. 1902-1905 lebte die Künstlerfamilie in Moskau und St. Petersburg, kam dann aber wieder nach Bayreuth und in ihr Colmdorfer Domizil zurück, bevor sie 1912 nach München zogen, wo Isolde 1919 starb.

Es ist hier nicht der Ort, über diese Persönlichkeiten, ihre Individualität, ihre Beziehungen, Spannungen, Skandale und Dramen zu schreiben. Buch, Film, Internet und Presse bieten dazu eine Fülle von Informationen. Im Schlossmuseum Colmdorf wird Isolde und der Beidler-Familie jedenfalls seit 2021 ein eigenes Gedächtniszimmer gewidmet.

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Prominente Mieter nach dem 2. Weltkrieg – Herbert & Hanna Barth

Nach dem 2. Weltkrieg waren Herbert Barth (1910-1998) und seine 1. Frau, die Malerin Hanna Barth (1911-1961) prominente Mieter bei der Familie Popp und belebten Schloss Colmdorf mit vielen Gästen und Freunden aus der privaten und beruflichen Künstler- und Fachszene. Nach dem Tod von Hanna Barth 1961 lebte Herbert Barth mit seiner zweiten Frau Grete wohl noch kurze Zeit in Colmdorf, ab 1966 wohnten sie dann aber im Eichendorffring.

Von 1955 bis 1960 engagierte sich Hanna Barth in der Freien Gruppe Bayreuth als bildende Künstlerin. Ihre in Öl und Tempera komponierten Gemälde „thematisieren urbane Stimmungen und Landschaftsskizzen“. Mit ihrem gesellschaftlichen Einsatz zählte Hanna Barth zu den treibenden Kräften der Freien Gruppe, zu der das Kunstmuseum Bayreuth 2016 noch einmal einen Katalog und eine Ausstellung über die Epoche 1951-1981 zusammenstellte (Hg.: Marina von Assel).

In den ersten Wiederaufbau-Jahren waren auch andere Qualitäten gefragt. Im Rückblick schreibt ihr Mann: „Schriftsteller und Musiker, Soldaten und vor Bombenhagel aus den großen Städten Geflüchtete, Kriegsgefangene und Verfolgte fanden in den ersten Kriegs- und Nachkriegsjahren in der Stille des Colmdorfer Schlößchens nicht nur die ersehnte Ruhepause, sondern auch den Rat und die Hilfe der liebenswerten Gastgeberin.“ Und er fährt fort: „Es entbehrt nicht eines gewissen Reizes, auf einigen Programmen den Hinweis zu lesen: Der Saal geheizt! Es wird gebeten, als Heizbeitrag 1 bis 2 Stück Spaltholz mitzubringen“.

In nostalgischer Erinnerung blieben ab 1945 die Abendstunden im Colmdorfer Schlösschen,   ein literarisch-musikalischer Salon, den sie im schlichten Rahmen des Balkonsaals des Colmdorfer Schlosses veranstaltete, mit zum Teil handgemalten Programmen, Zeugnisse von „viel Intimität und Weltweite“. Dichtung in englischer, französischer, schwedische, nicht nur in deutscher Sprache wurde da vorgetragen und erörtert mit den „seelisch erschütterten 17 Menschen“, die anfangs die Kerngruppe bildeten und von denen viele aus ihren eigenen Werken vortrugen. In diesen Sprachen, auch in Spanisch, schrieb sie selber an ihre Freunde in aller Welt Tausende von Briefen.

In dem Saale des Mittelbaus genoss man später aber auch Darbietungen des Münchner Streichquartetts, des Rama-Trios, des Streichquartetts der Berliner Philharmoniker oder Autoren- und Rezitationsabende zu besonderen Erlebnissen. Auf dem Selbstporträt-Gemälde von Hanna Barth im Sessel sieht man übrigens im Hintergrund diesen Balkon. An solchen Veranstaltungen nahm gelegentlich auch Winifred Wagner teil, während der Festspielzeit sogar „die Begum“, die 4. und letzte Frau von Sultan Aga Khan III., die viele Jahre „orientalischen Märchenzauber“ auf den Grünen Hügel brachte und sich zeitweise sogar für den Kauf des Colmdorfer Schlösschens interessierte.

Herbert Barth selber war Musikschriftsteller, auch Herausgeber von Wagner-Literatur, und setzte sich schon kurz nach dem Krieg für Neue Musik ein. Er veranstaltete 1947 die Bayreuther Wochen für Neue Musik. Auf ihn geht das Institut für Neue Musik, zurück, unter dessen Dach ab 1948 zwei große Arbeitstagungen stattfanden: „Die Neue Musik im Unterricht“ und „Jugend und Neue Musik“. Auch die Jeunesses Musicales Deutschland hatten – ab Gründung in Bayreuth – ihren Sitz per Adresse Schloss Colmdorf. Aber Mitte der 1950er Jahre wurde ihr Sitz nach Schloss Weikersheim verlagert, sozusagen von Schloss zu Schloss. Bayreuth verlor damals eine bedeutende Institution mit inzwischen europäischer Ausstrahlung.

Von 1952 bis 1976 war Herbert Barth Leiter des Pressereferats der Bayreuther Festspiele. 1950 gründete er unter der Patronage des Komponisten Jean Sibelius das Festival junger Künstler Bayreuth, das als gemeinnütziger Verein unter seinem Gründungsnamen „Internationales Jugend-Festspieltreffen Bayreuth e. V.“ geführt wird und dessen langjähriger Leiter er wurde. Verdienste erwarb er sich auch als 1. Vorsitzender des Jugend-Kulturzentrums in Bayreuth und erhielt für sein Engagement und Aufbauwerk hohe Auszeichnungen.

In all den Jahren wurde er von seiner Frau Hanna – als Gastgeberin und Organisatorin – unterstützt. Er selber schreibt 1961 über die Anfangsjahre: „Nur der unermüdlichen Tatkraft Hanna Barths war es zu danken, dass in wenigen Monaten Dutzende von Gruppen mit Tausenden Mitgliedern ins Leben gerufen und die Kontakte zu ihnen gepflegt werden konnten.“ Und über seine Frau später: „Im Lebenssturm gereift, mit vielseitigen Talenten und ihrem immer hilfsbereiten Herzen war sie in den letzten Jahren eine still im Hintergrund wirkende Mitarbeiterin bei der Entwicklung des musischen Zentrums der jungen Generation, dem Internationalen Jugend-Festspieltreffen“.

Bis heute sind im Zuge dieses Festivals mehr als 25.000 junge Menschen aus 80 Nationen nach Bayreuth gekommen. Der Schriftsteller Martin Gregor-Dellin  (u.a. Herausgeber von Cosima Wagners Tagebüchern), der 1958 selber einige Zeit im Colmdorfer Schloss wohnte, bezeichnete das Festival als „Probebühne für die Jugend der Welt“. Seit 1986 ist Sissy Thammer, die „Frau Europas“ 1997, Intendantin und Geschäftsführerin des Festivals.

Bilder von Hanna Barth aus dem Katalog Kunstmuseum Bayreuth 2016.
Parforce-Hornbläser Kulmbach bei der Einweihungsfeier Schloß Colmdorf 2021, Fotos: Eva Rundholz

2021  –  Restauriert in neuem Glanz

Das „im Dämmerschlaf“ versunkene Märchenschloss erwachte 2021 aus seinem Dornröschenschlaf. Immer mal wieder gab es Kurznachrichten, die Universität wolle es als Gästehaus erwerben oder die Stadt Bayreuth, die natürlich auch Interesse an dem großen landwirtschaftlichen Gelände zwischen Schloss und Rollwenzelei hatte. Aber seit Jahrzehnten wusste man nur, das geheimnisvolle Schloss gehört der Erbengemeinschaft der (ehemals Gärtner-)Familie Popp und der Garten hinter der alten Mauer zur Königsallee blieb gepflegt.

Die Überraschung war groß, als am 30. Juli 2021 die „Carolinenruhe“ – perfekt restauriert, mit kostbarem Inventar aus der Zeit ausgestattet, und in ein barockes Schlossmuseum aus der Zeit von Markgraf Friedrich verwandelt – der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Peter Rothenbücher, dem Schloss Birken gehört, hegte schon lange den Traum, auch dieses Barockschloss zu neuem Leben zu erwecken, nachdem das ehemals markgräfliche Schloss Thiergarten kein öffentlicher Anziehungspunkt mehr war (inzwischen Domizil einer Internationalen Schule), die Stadt Bayreuth kein eigenes barockes Bau-Juwel hat und die anderen ehemals markgräflichen Schlösser & Parks unter der (vorzüglichen) Patronage der Bayerischen Schlösser- & Seenverwaltung blühen und gedeihen. Nun konnte er ihn verwirklichen. Auf dem Colmdorfer Schloss weht jetzt eine Fahne mit dem Wappen der Familie Rothenbücher.

Schlossmuseum & Café  –  www.schloss-colmdorf.de

„Im Juli 2020 haben die Söhne von Peter RothenbücherAxel & Christian Rothenbücher – innerhalb der Familie Popp das Schloss Carolinenruhe in Colmdorf übernommen. Die Familie beschloss noch im Juli 2020, mit den Restaurierungsarbeiten am Schlossgebäude und der Sanierung des Daches zu beginnen.

Im 1. Bauabschnitt wurde in den Repräsentationsräumen des 1. OG (in der ehemaligen Wohnung der Markgräfin Caroline von Bayreuth, der 2. Gemahlin von Markgraf Friedrich) ein Schlossmuseum eingerichtet. Die Stuckdecken wurden restauriert, die farbige Gestaltung an den Wänden und Lamperien erneuert, die originalen Parkettböden saniert und restauriert. Alle Räume sind wieder mit der originalgetreuen Einrichtung des 18. u. 19. Jahrhunderts ausgestattet. Im kleinen Salon von Isolde Beidler, der Tochter Richard Wagners, ist ein Gedächtniszimmer eingerichtet.

Im 2. Bauabschnitt wurde die ehemalige Wohnung des Markgrafen Friedrich saniert und dient fortan reinen Wohnzwecken. In der Säulenhalle des EG und im Parterre des rechten Flügels entstanden ein Restaurant (im Gewölbe) und ein kleines Schlosscafe mit Gartenbetrieb. Das EG im linken Flügel des Schlosses wurde zum Hotel ausgebaut (3 luxuriöse DZ). Die rechte Scheune wurde ebenfalls umgebaut und dient nun Hochzeiten und speziellen Veranstaltungen zu Festivitäten.

Text : Dr. Karla Fohrbeck (2021)
Titelbild: P. Rothenbücher KG
Walter Bartl
(jetzt im wohlverdienten „Rentnerfrieden“) & Christine Bartholomäus vom Stadtarchiv Bayreuth verdanke ich sehr hilfreiche Korrekturen und Ergänzungen.

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Literatur:

  • 1833. J. Wilhelm Holle. Geschichte der Stadt Bayreuth von den ältesten Zeiten bis 1792. (In der Ausgabe von 1901 führt sein Sohn Gustav Holle die Stadtgeschichte bis 1900 fort. Im Nachdruck 1981 findet man Colmdorf auf den S. 146 ff)
  • 1927. August Sieghardt: Schloß Colmdorf. In: Bayreuther Land, Jg. 1, Nr. 2, S. 21-25
  • 1934. August Sieghardt: Nordbayerische Burgen und Schlösser (Buchverlag Erich Spandel, Nürnberg).
  • 1951. Wilhelm Müller. Illustrierter Führer durch Bayreuth & Umgebung (S.100 zu Colmdorf)
  • 1952. Karl Sitzmann. Die Frühzeit des Architekten Carl Gontard in Bayreuth. in: AO (= Archiv für Oberfranken) 1952. S. 1- 45 (Sonderdruck) bzw. 140-185 im Band 36 Teil I.   
  • 1954. Willy Kolb : Mitteilungen des Familienverbandes Kolb, Heft Nr. 16, vom 1. 5.
  • 1957. Herbert Barth. Das Colmdorfer Schlößchen. in: Frankenheimat. Beilage zum Bayreuther Tagblatt vom 3. März.
  • 1957. Helmut Reichold: Sophie Caroline Marie von Brandenburg-Bayreuth (1737-1817). Eine biographische Studie. (Insbes. die Seiten 172-181).
  • 1959. August Gebessler. Stadt und Landkreis Bayreuth. Deutscher Kunstverlag München
  • 1961. Hanna Barth. Ausstellungskatalog. Bayreuth (darin Herbert Barth Textbeitrag)
  • 1964. Wilhelm Müller. Das Stadtbild Bayreuths in alten Ansichten. 1600-1900.
  • 1981. Karl Sitzmann. Kunst und Kunsthandwerker in Ostfranken (sowie zum Palais Reitzenstein in Bayreuth sein Beitrag zu Architekt Carl Gontard in Archiv für Oberfranken = AO 1952)
  • 1983. Sylvia Habermann. Alte Bayreuther Fassaden (darin: Schloss Colmdorf).
  • 1983. Karl Sitzmann: Künstler und Kunsthandwerker in Oberfranken, Kulmbach (Freunde der Plassenburg)
  • 1990. Wolfgang Jahn: Stukkaturen des Rokoko, Bayreuther Hofkünstler in markgräflichen Schlössern und in Würzburg, Eichstätt, Ansbach, Ottobeuren (Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen).
  • 1999. Richard Winkler: Historischer Atlas von Bayern – Bayreuth Stadt und Altlandkreis, München. S. 218, 250f.
  • 2007. Herbert Popp. Bayreuth neu entdeckt (darin: Stadtspaziergang 15)
  • 2009. Eric Waha. Colmdorf. In: Architektur Treff Bayreuth & Nordbayerischer Kurier (Hg.): Bayreuther Statteilgeschichten.
  • 2014. Helmut Haas. Bayreuther Schlösser. In AO 2014 (=Archiv für Oberfranken, Jahresband)
  • 2015. Franz Simon Meyer. Schloss Colmdorf = masch. Ms. 19 S. (beim Stadtarchiv Bayreuth).
  • 2016. Franz Simon Meyer. S. 194ff zu den Trophäen von Johann Jeremias Martini in ders.: Bayreuth. Kunst vor 1800.
  • im Internet: wikipedia, expedia, www.schloss-colmdorf.de

Die im Text erwähnten Schlösser Birken, Kaiserhammer und Thiergarten sind alle auf unserer Webseite unter den Jagdschlössern zu finden.