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MARKGRAFENKIRCHEN

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Himmelkron –
ehemalige Abtei- und Stiftskirche

Von der katholischen Stifts-  zur evangelischen Markgrafenkirche

Unter diesem Titel finden Sie hier auf der Webseite www.markgrafenkultur.de beim Thema Schlösser (in Text und Bild ausführlich recherchiert und gut strukturiert) die ganze Geschichte zu Kloster & Schloss Himmelkron von 1279 bis heute. Wir fassen nur kurz zusammen:

Das ehemalige Frauenkloster der Zisterzienser wurde von den Burggrafen zu Nürnberg und den Markgrafen von Kulmbach/Bayreuth stets begünstigt. Nach der Reformation 1528 und einigem Protest der Nonnen wurde die gotische katholische Stiftskirche 1590 zur evangelischen Pfarrkirche der Markgrafen. Die letzte Äbtissin starb 1569, sie war mit ihren Nonnen noch zum protestantischen Glauben übergetreten. Für Markgraf Christian (1581,1603-1655), der seine Residenz 1603 von der Plassenburg Kulmbach ins Alte Schloss Bayreuth verlegte, war Himmelkron zeitweise auch Zufluchtsort – während der beiden Stadtbrände in Bayreuth, vor allem aber während des 30jährigen Krieges. In Friedenszeiten war diese markgräfliche Nebenresidenz auch für festliche, sommerliche wie jagdliche Hofhaltung begehrt, außerdem markgräflicher Amtssitz.

Wir konzentrieren uns hier auf den Zeitraum 1698 – 1723, als die ehemalige gotische Kloster-Stiftskirche von Markgraf Christian Ernst (1644/1661-1712) innen barockisiert und von seinem Sohn Markgraf Georg Wilhelm (1678/ 1712-1726) u.a. durch die Stiftung eines Kanzelaltars von Elias Räntz vollendet wurde.

Info-Box

Pfarramt Himmelkron
Kirchweg 1
95502 Himmelkron
Tel.: 09227 – 5577
pfarramt.himmelkron@elkb.de
http://www.kirchengemeinde-himmelkron.de/kirchengemeinde/stiftskirche.html

Ergänzende Beiträge auf dieser Webseite:
Baille-Maille-Allee (Thema Gärten & Parks)
Kloster & Schloss Himmelkron (Thema Schlösser)

Außen gotisch- innen barock
Frühe Markgrafenkirche unter
Markgraf Christian Ernst

Die Regierungszeit von MG Christian Ernst erstreckte sich über ein halbes Jahrhundert. Seine militärischen Verpflichtungen beschäftigten ihn häufig außerhalb des Landes, als kaiserlicher Generalfeldmarschall war er u.a. im Spanischen Erbfolgekrieg und den Türkenkriegen um Wien gefordert. Aber Himmelkron als ruhigem markgräflichen Amtssitz und beliebten Jagdschloss verhalf er zum Aufschwung. Schon 1663/64 ließ er die Baille-Maille-Lindenallee am Weißen Main anlegen – ein modisches Gesellschaftsspiel an vielen europäischen Höfen und heute noch eine touristische Attraktion in Himmelkron (mehr dazu beim Thema Gärten & Parks).

Seinen (katholischen) Hofarchitekt Antonio della Porta (1631-1702) aus Lugano beauftragt der Markgraf ab 1695-1699 mit der Planung für den mächtigen Prinzenbau als eigenem dreistöckigen Flügel, der an den 2. Klosterhof westwärts anschließt, an dem lange gebaut wird (Bauleitung Paul Decker) und den später sein einziger Sohn, Markgraf Georg Wilhelm – für den er gedacht war – erst vollenden wird (beim Thema Schlösser dazu mehr).

Ab 1698 leitet della Porta die Barockisierung des Innenraums der gotischen Stiftskirche und gestaltet sie zu einer der frühesten Kirchen im Markgrafenstil. Der Markgraf übte selber großen Einfluss auf die Innengestaltung aus. Der Ortspfarrer hatte da wenig zu sagen. Ungewöhnlich ist dieser „Überraschungseffekt“ bei den Markgrafenkirchen übrigens nicht. Außen Wehrkirche oder gotisch – innen barockisiert, diese Kombination findet sich häufiger. Außen wurde in Himmelkron wenig verändert:

  • Das Markgräfliche Wappen als Relief über dem Hauptportal, auch als Fahne auf dem Kirchendach.
  • Verbum Domini manet in aeternam (Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit) – dieses Bibelwort, ebenfalls im Wimperg über dem Hauptportal, verkündete ab jetzt die Kernbotschaft des Protestantismus. Es ersetzte dort – zusammen mit dem Wappen – eine Marien-Plastik (die Kirche war zuvor eine Marienkirche). Den Wimperg, den Ziergiebel über diesem Hauptportal, kann man noch entdecken. Jedoch irgendwann wurden später das Markgrafenwappen und diese Inschrift entfernt. Nur Farbreste sind noch vorhanden.
  • Eine Ölberggruppe (um 1500) befand sich zwischen den Strebepfeilern außen am Chor der Kirche, mit Blick auf den einstigen Klosterfriedhof, der die Kirche flankierte und schon um 1600 aufgelassen wurde. Sie wurde bei der Barockisierung nicht vernichtet, sondern abgenommen und fand ihren Platz erst in der Sakristei und später im Stiftskirchenmuseum.

In der Kirche von Himmelkron blieb vieles aus der gotischen Klosterzeit erhalten, worauf wir weiter unten noch eingehen. „Um das gotische Halbdunkel zu durchlichten“ werden größere Fenster geschaffen und della Porta lässt als 1. Maßnahme die vorher flache Decke des Langhauses in ein barockes Tonnengewölbe mit Stichkappen umformen, darauf weisen die Historiker H. Meißner und A. Gebessler besonders hin. Auch der 2. kleinere Eingang links, der zum Chor führt, existiert erst seit der Barockzeit.

Doppelemporen & Markgrafenloge

Ein anderer Überraschungseffekt: Die Kirche ist innen erheblich kleiner als von außen vermutet. Denn dieser Innenraum  entspricht der früheren Laienkirche (Chor und Schiff im Osten), die von Ritterkapelle und darüber liegendem Nonnenchor (Klausurbereich im Westen) durch eine Mauer (mit Sichtfenstern für die Nonnen) und eine hohe Steinempore getrennt war, von der aus der Priester „den Nonnen im Nonnenchor durch eine Öffnung in der Trennwand die Kommunion spenden“ konnte (H. Meißner 1979).

Diese Laienkirche nutzten die wenigen weltlichen Angehörigen des Klosters und die Dorfgemeinde, die zum Pfarrsprengel des Nachbarortes Lanzendorf gehörte. Der 8seitige Dachreiter auf dem steilen Kirchen-Schieferdach (geschweift und mit Spitzhelm) sitzt exakt über der Scheidewand, die beide trennt. Er wurde in der Barockzeit erneuert.

Für eine Hofkirche bestand nun größerer Platzbedarf, d.h. die sogenannte Innenmöblierung musste erweitert werden. Es wurden daher umlaufende Doppelemporen aus Holz errichtet, auch im Chorraum, denn die Orgel war hinter dem Altar unterzubringen und es bestand der Wunsch nach Platz für einen Schülerchor. Die Sakristei wurde dadurch doppelstöckig.  Diese Doppelemporen wurden von den Zimmermeistern Johann Christoph Feulner aus Himmelkron und Georg Tobias Friedelmüller aus Creußen erstmals mit durchgehenden Säulen ausgestattet, ein Emporen-Typus, den derselbe Zimmermann Feulner 10 Jahre später auch in der Ordenskirche von St. Georgen realisierte und der ab da praktisch in allen Neubau-Kirchen im Markgrafenstil angewandt wird.

Der Zugang der Hofgesellschaft zur Kirche erfolgte über den Nonnenchor-Saal, wo man sich sammeln konnte und der sowohl vom Prinzenbau wie vom Hof aus erreichbar war. Die Hofgesellschaft nahm auf den oberen Emporen Platz. Die Markgrafenloge auf der obersten Empore gegenüber Altar (und damals auch Orgel) war mit dem wertvollen bestickten Emporen-Behang von 1621 geschmückt, der noch von Markgraf Christian & Markgräfin Maria stammte, bis Ende des 19. Jh. an der oberen Empore hing und heute im Stiftsmuseum zu bewundern ist.

Die Markgrafenloge gibt es nicht mehr, dort ist seit langem schon die Orgel platziert.

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Deckenstuck von Bernardo Quadri  . . .

Die schwere Stuckdecke mit Kartuschen, Rankenwerk und Engeln schuf Bernardo Quadri (um 1650-1713), der wie della Porta aus Lugano stammte. Er bringt „die üppigen Formen des oberitalienischen Hochbarocks“ in den Stil der ersten Markgrafenkirchen ein. Wir begegnen ihm vor allem als Hofkünstler unter Markgraf Christian Ernst – zuerst hier in Himmelkron (1699-1700) bei der Barockisierung der einstigen Stiftskirche, nahezu zeitgleich in der Markgrafenkirche St. Jakobus in Creußen (um 1700) und später in der Markgrafenkirche Neustadt am Kulm (1708). Aber auch der Adel leiht sich diesen damals modernen Hof-Stuckateur aus – und so finden wir seinen Deckenstuck schon früh (1689/90) im Jagdschloss Birken oder 1701-1703 auch in der Laurentiuskirche in Thurnau (wo Quadri zusätzlich die Kanzel gestaltet).

Noch in der Ordenskirche von Sohn & Nachfolger MG Georg Wilhelm stammt der weiße Deckenstuck von B. Quadri (1710). Danach bevorzugt der Markgraf den eleganteren Stil von Domenico Cadenazzi, der die Stuckarbeiten in seinen Schlössern übernimmt, so auch im Roten Adler-Saal des Prinzenbaus von Himmelkron.

. . .  fleischfarbene Charakter-Engel

Die Engel an der Kirchendecke in Himmelkron gerieten nach der Renovierung 1992 nicht zu jedermanns Zufriedenheit. Der fleischfarben-rosa Farbton entspricht zwar laut Innensanierungs-Bericht der originalen „Inkarnatsfassung der Engel“ und wurde nur entsprechend retouchiert. Verglichen mit den Sandstein-Halbreliefs der berühmten grazilen Musikengel von 1473 im gotischen Kreuzgang nebenan wirkten die deftig-sinnlichen Barockengel aber auf einmal für manche Gemeindemitglieder und Besucher „barbarisch“. Es sind Charakter-Engel, die zum Teil entrüstet und voller Missfallen auf die Erdenkinder zu blicken scheinen. Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt.

Orts- und Regionalhistoriker Helmuth Meißner urteilt 2012 im Rückblick: „Die später als so barbarisch verurteilte Barockgestaltung wurde damals jedoch als Verschönerung vor allem im Sinne reformatorischen Gedankenguts angesehen.“

. . .  & Hohenzollern-Allianz-Wappen

Das markgräfliche Wappen war und ist eigentlich nur von der einstigen Markgrafen- (heute Orgel-)Empore aus im hochgewölbten Triumphbogen der Kirche zu sehen. Es wird von 2 großen Stuck-Engeln gehalten und erinnert den Markgrafen an seine Obrigkeits-Verpflichtung, die sich aus dem Gottesgnadentum ableitet. Denn seit der Reformation sind weltliches und geistliches Patronat eine Einheit. Markgraf Christian Ernst ist zur Umbauzeit der Kirche mit Sophie Louise von Württemberg (1642-1702) verheiratet, seit 1671 seine 2. Ehefrau.
Der Rote Adler-Orden mit Ordensband und Fürstenhut findet sich auf dem Kanzelkorpus am Altar.

Kanzelaltar erst unter Sohn Markgraf Wilhelm

Die für die Gotik typische Unterteilung des Kirchenraumes in Chor und Schiff fällt im protestantischen Barock weg. 1702 behielt man den alten Altar noch und errichtete nur eine neue Kanzel am seitlichen Chorbogen. Die Orgel war dahinter auf der Rundum-Empore platziert. Jetzt, an die 20 Jahre später, wird der neue hohe Kanzelaltar bei der weiteren Ausgestaltung des Innenraums bewusst in die Emporen-Anlage einbezogen. Markgraf Georg Wilhelm, der sich gerne in Himmelkron aufhielt, beauftragte damit 1718 den damals auch überregional renommierten Hofbildhauer und Hofbildschnitzer Elias Räntz (1649-1732) und dessen begabten Sohn Johann Gabriel Räntz (1697-1776), die ihre Werkstatt in Bayreuth hatten. Schreiner im Team war Johann Spindler1723/24 ist das Werk vollendet.

Beide gestalteten schon 1710 den ersten, im Markgraftum neu geschaffenen Kanzel(orgel)altar in der Ordenskirche St. Georgen, ebenfalls für MG Georg Wilhelm. Typisch für den Räntz-Stil sind die korinthischen Säulen, die Lambrequins (geschnitzte Vorhang-Schabracken) oben am Kanzelkorb (mit Roter Adler-Orden, Ordensband und Fürstenhut inmitten vergoldeter Ornamentik) und der hohe Kanzelaufbau (Auszug). Durch diese, inzwischen „modische“ Konstruktion wurden Predigt und lebendiges Wort Mittelpunkt auch im reformatorischen Programm der Markgrafenkirchen.

Die Kanzelaltäre der ersten Markgrafenkirchen sind noch vom Stil der spätgotisch geprägten Bildschnitzerei der Kulmbacher Brenck-Werkstatt beeinflusst, in der auch Elias Räntz ausgebildet wurde. Der Kanzelaltar in Himmelkron bezeichnet den stilistischen Übergang zur zweiten ‚frühklassizistischen‘ Epoche, so J.-J. Taegert, der 2012 einen Vergleich mit dem 1730 entstandenen „Zwillingsaltar“ in der St. Michaels-Kirche in Weidenberg anstellt.

Auge Gottes im Wolken- & Strahlenkranz

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Der Kanzelauszug – wie man den Aufsatz oder Aufbau über dem Schalldeckel eines Kanzelaltars auch nennt – ist in Himmelkron „zweistöckig“ und als nach oben spitz zulaufendes Dreieck gestaltet. 2 lebensgroße, auf Wolken-Voluten  schwebend-kniende Engel schauen rechts und links anbetend nach oben. Das geniale  (gemalte) Trinitäts-Auge im plastischen Engel- und Wolkenkranz reicht bis weit ins Kreuzrippengewölbe des Chores hinauf und überblickt das gesamte Kirchenschiff. Darüber die gotischen Rippen und Schlusssteine, die 1699 von Bernardo Quadri im Rahmen der Barockisierung eine „Verzuckerung in Stuck“ erhalten haben (Helmuth Meißner 1979).

Im trinitarischen „Auge Gottes“ – zentrales Symbol in vielen der barocken Markgrafenkirchen – ist die Botschaft vom dreifaltigen Gott gleichsam in die kosmische Einheit des Ursprungs zurückgekehrt, aber was wäre sie ohne die Menschwerdung Gottes in Christus und ohne dass Gott in ihm und durch ihn sein eigenes Gesetz erfüllt hätte. So können wir ihm ehrfürchtig, aber furchtlos „ins Auge blicken“, aber was fehlte war

. . .  Der Auferstandene im Strahlenkranz

Die „Öffnung des Strahlenkranzes“ wurde nach dem 2. Weltkrieg „mit einer Tafel und einem schlichten Holzkreuz geschlossen“, denn ein solches „zeigen auch Aufnahmen von Anfang des Jahrhunderts“. 1992 entscheidet sich das für die Innensanierung verantwortliche Team vom Landbauamt Bayreuth dafür, eine barocke Figur des Auferstandenen, die vor der Renovierung an der 2. Empore hing, in diese Öffnung einzupassen. Zwar berichtet 1982 Helmuth Meißner noch von einem „schmucklosen Kreuz vor Wolkenkranz und Strahlenglorie“. Auch August Gebessler nennt 1958 (S.56) dort ein Kreuz, erwähnt aber immerhin „(ehemals dort der Auferstandene)“ – und daran erinnerte auch Ortspfarrer Welz als Mitglied des Teams.

Obwohl die Figur – in Relation zu den lebensgroßen Evangelisten und den beiden Voluten-Engeln – kleiner ist, blieb es bei dieser Entscheidung. Schließlich verkörpert der Auferstandene den Sieg (am Kreuz) über Sünde und Tod. Und, so klärt Projektleiterin Marion Resch im Sanierungsbericht des Landbauamts Bayreuth auf: Die Figur werde stilistisch dem Barock zugeordnet und passe von den Proportionen her gut in den Strahlenkranz, „obwohl uns ein Beweis, dass dies historisch gesehen richtig ist, fehlt. Gefallen hat uns vor allem, dass durch die größere Transparenz des oberen Altaraufbaus der gotische Chorraum wieder besser erlebbar geworden ist. Von einigen Standorten aus kann man /jetzt/ die drei mittelalterlichen Glasfenster durch die Öffnung hindurch entdecken.“ Diese wurden sorgfältig restauriert und stellen den Heiligen Bartholomäus (= Jünger Jesu), die Verkündigung und Maria mit Kind dar. Aber es braucht ein Fernglas dazu  . . .

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Die 4 Evangelisten neben der Kanzel  . . .   & das Predigt-Wort

Verbum Domini manet in aeternam (Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit) – dieses Bibelwort hatte MG Christian Ernst, der Vater, außen über dem Eingang der Stiftskirche anbringen lassen, wo es aber heute nicht mehr existiert. Es ist und bleibt aber die Kernbotschaft des Protestantismus. Seit Martin Luther konnte die Bibel in Deutsch gelesen und das Wort Gottes auf Deutsch gepredigt werden. Er hatte das „ewige Wort“ aus der ritualisierten „Geheimsprache Latein“ – die nur der Priester verstand – ins Jetzt der eigenen Alltags- und Umgangssprache übersetzt. Und ab da konnte es in allen Sprachen „lebendig werden“. Das war mehr als nur „Reformation“. Das war im 16. Jh. eine „Revolution“ und wurde auch im 17. Jh. – wovon u.a. der 30jährige Religionskrieg zeugt – immer noch so empfunden.

„Wies der Altar vom Jahre 1702 noch eine Fülle plastischer Gestalten auf (Figuren der Evangelisten, der Dreifaltigkeit, der Cherubim, des Mose (), so blieb die Ikonographie des neuen Kanzelaltars auf die wenigen, aber lebensgroßen Gestalten der Evangelisten beschränkt“, merkt Helmuth Meißner an (1979, S.41). Aber diese neue Ikonographie hat es nun „in sich“. MG Georg Wilhelm, der Sohn, gibt 1718 im Geist des Verbum Domini  . . .  den Kanzelaltar in Auftrag und stellt dort das lebendige Wort demonstrativ in den Mittelpunkt, und dies in zweierlei Weise.

Die halbrunde Kanzel (mit Johanniter-Kreuz und Fürstenhut inmitten vergoldeter Ornamentik) wird rechts und links von je 2 lebensgroßen Schnitzfiguren in goldenen Gewändern flankiert, den 4 Evangelisten, von denen jeder eine Bibel in der Hand hält. Sie stehen zwischen und neben den hohen korinthischen Säulen und zeigen auf das Evangelium, die „frohe Botschaft“, die der Pfarrer von der Kanzel aus zu verkünden hat.

Die Anordnung ist jedoch eine andere als sie im Neuen Testament überliefert wird: Dort folgen die Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufeinander. Hier bilden – von links nach rechts – Lucas (mit dem Stier zu Füßen) & Matthäus (mit dem Engel auf der Schulter) sowie Marcus (mit dem Löwen zu Füßen) & Johannes (mit dem Adler auf der Schulter) eine eigene Reihenfolge. Sie scheinen selber zu predigen und das Wort zu interpretieren, so lebendig sind Gesichtsausdruck und Handbewegungen. Der Geistliche auf der Kanzel wird nun „einer von ihnen“.

Anders als in den meisten anderen Kanzelaltären im Markgraftum schwebt übrigens über dem Pfarrer auf der Kanzel keine gemalte oder plastische Heilig-Geist-Taube, die ihn inspirieren soll. Auf dem Unterseiten-Gemälde des Schalldeckels brennt in leuchtenden Farben das „Feuer Gottes“ – wie im Dornbusch auf dem Sinai – und darin verbirgt sich JHWH, der heilige Gottesname, allerdings auf Hebräisch (Jod, He, Waw, He) und von rechts nach links und ohne Vokale geschrieben. Gläubige Juden sprechen ihn nicht aus. Haschem (der Name) oder Adonai (mein Herr) schützen dann – als Ersatzworte – vor dem „Missbrauch von Gottes Namen“. Auf barocken Kanzelaltären oder Deckengemälden bleibt er in der hebräischen Schreibweise unangetastet „im heiligen Bereich“.

Hier steht der Prediger also direkt und allein „unter Gottes Geist“ – und vor der Gemeinde.

Die 4 Evangelisten auf dem Altar  . . .    & das Abendmahls-Wort

Nun stehen die 4 Evangelisten aber nicht nur „neben der Kanzel“, sondern keineswegs zufällig auch „auf dem Altar“ – 3 davon mit offenen Büchern und präzisen Zitaten aus dem Wort Gottes. Und hier geht es nun nicht um die Predigt, sondern um das Logos-Wort, das in Jesus Christus „Fleisch wurde“ (Johannes 1,14) und das im Heiligen Abendmahl – im Vollzug und in der Gemeinschaft mit Jesus Christus (und den anderen Gläubigen) lebendig wird. Zu Deutsch: Hier wird die Eucharistie (so heißt die Abendmahlsfeier bei den katholischen Geschwistern) gefeiert. „Und er nahm das Brot, dankte und brach es . . .  Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den  . . .“  So und mit nur geringen Nuancen stehen Jesu „Einsetzungsworte“ dazu am Abend vor der Kreuzigung in den Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas. Mit genauer Zitat- = Kapitel- & Versangabe sind sie deutlich auf den Buchseiten dieser 3 Evangelisten zu lesen bzw. zu entziffern.

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Auch Johannes berichtet im Evangelium vom Abendmahl mit den Jüngern. Aber er zitiert die Jesus-Worte nicht, sondern berichtet von sich – und von Judas, dem Verräter.  Denn er ist „der Jünger, den Jesus liebhatte, der lag bei Tisch an der Brust Jesu“. So wird er auch bei vielen Abendmahls-Reliefs und -Gemälden dargestellt. Und hier ist er der Jünger, der das Buch geschlossen in der Hand hält, der das Wort im Herzen und im Sinn trägt, wie es Gott der künftigen Menschheit in einem 3. Bund „nach diesen Tagen“ zugesagt hat, als er ihnen versprach: „Ich will meinen Geist ausgießen auf alles Fleisch“ und wovon Paulus in Hebräer 8 und 10 (unter Bezug auf den Propheten Jeremia) spricht:
„ . . . Ich will mein Gesetz geben in ihren Sinn, und in ihr Herz will ich es schreiben und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein. Und es wird keiner seinen Mitbürger lehren oder seinen Bruder und sagen: Erkenne den Herrn! Denn sie werden mich alle kennen von dem Kleinsten an bis zu dem Größten.“
Johannes ist dieser erste „neue Mensch“ (daher auch als Jüngling, fast androgyn, und ohne Bart dargestellt).

Die Entdeckung der gotischen Steinplatten

Wir haben zwar im Beitrag zum Stiftskirchenmuseum Himmelkron schon darauf hingewiesen. Aber da der Fund bei der Innenrenovierung der Stiftskirche 1991/92 geschah, als man bei Verlegung der Leitungen einige Bodenplatten im Chor umdrehen musste, sei hier aus dem Bericht des Bayreuther Landbauamts zitiert:

Der spannendste Augenblick der Sanierung war die zufällige Entdeckung, dass einige Sandsteinplatten auf der Rückseite bemalt sind. Inzwischen gilt als sicher, dass diese Steinplatten Bestandteile der gotischen Steinempore waren… Das Sensationelle an diesem Fund überregionaler Bedeutung ist, dass die Farbfassungen (Secco-Bemalung) sich in dem trockenen Sandbett über nunmehr fast 300 Jahre hervorragend erhalten haben. Mit unseren heutigen Konservierungsmethoden vermögen wir dies wohl kaum zu erreichen“ (Marion Resch als damalige Bauleiterin).

Man hat daher in ungewöhnlicher Weisheit darauf verzichtet, weitere Bodenplatten umzudrehen und zu „entdecken“. Im Sandboden bleiben sie nun unentdeckt künftigen Zeiten erhalten.

Es wurden auch 1909 schon bei ähnlichen Reparaturarbeiten 3 solche Platten (Lettner) gefunden und gerettet. Sie stammen alle von der einstigen Emporen-Brüstung im Nonnenchor und somit können jetzt 7 im Museum bewundert werden: Der segnende Christus, 4 Apostel und zwei törichte Jungfrauen (deren Krone im Fallen ist). Das volle Programm der Emporenbrüstung umfasste wohl Christus, 12 Apostel, 5 törichte und 5 kluge Jungfrauen.

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Dieses Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen (Matthäus 25,1-13) spielte im Profess der Zisterzienserinnen eine wichtige Rolle. Die „2 Wege“ wurden den Nonnen noch einmal vorgetragen bzw. vorgehalten, wenn sie ihr Gelübde ablegten und sich für Christus, „den Bräutigam“ entschieden. Eine weitere (Fresco-)Platte mit einer klugen Jungfrau (mit Krone und Öl-Lampe in der Hand) befindet sich am Ende des gotischen Kloster-Kreuzgangs an der Ostwand – als Ziel des Meditations- und Lebensweges der Nonnen.

„Immer an der Wand lang“  . . .   Grabmale aus der Klosterzeit

Die dort aufgestellten, fast 30 gut erhaltenen Grabsteine aus der Klosterzeit, darunter die Grabtumba des Klostergründers und mehrerer Äbtissinnen, ist einen eigenen Kirch-Spaziergang wert. A. Gebessler listet und datiert sie in seiner Kulmbacher Regionalgeschichte (1958) auch einzeln auf. Später hat Markgraf Georg Wilhelm seinem Kammerherrn Freiherr August Friedrich von Cremon auch eine solch kostbare Grabplatte an der Chorwand gewidmet, nachdem dieser 1719 beim Kirchgang plötzlich verstarb (von Bildhauer Elias Räntz). Beim Thema Schlösser finden Sie in unserem Himmelkron-Beitrag Aus der Klosterzeit – von Äbtissinnen und Rittern dazu ausgiebig Bild- und Textmaterial, auch den genauen Grundriss- & Lageplan von Helmuth Meißner dazu.

Schätze aus der gotischen Klosterzeit  . . .

finden sich nicht nur im Stiftskirchenmuseum. Auch in der Kirche selber sind davon viele erhalten.

  • Auf die (restaurierten) Buntglasscheiben im mittleren Chorfenster rechts wiesen wir schon hin (siehe Fotos beim Aufsatz Kanzelaltar). Sie sind Fragmente eines christologischen Zyklus um 1400 ff und wurden von Gottfried Frenzel der „böhmisch-parlerischen Richtung“ zugeordnet (s. H. Meißner 1979, S, 30).

Der schon erwähnte Sanierungsbericht des Landbauamts Bayreuth listet u.a. weiterhin auf:

  • Unter den Bankpodesten weitere Grabmäler, Grabsteine zum Teil als Säulenfundamente genutzt.
  • Reste der gotischen Steinempore sind unter der Orgelempore erhalten, u.a. mittelalterliche Maßwerkverglasungen und Fresken.
  • Der Chor selber mit seinem Kreuzrippengewölbe vermittelt „gotischen Raumcharakter“, auch die schmalen hohen Spitzbogenfenster mit Maßwerk tun dies (im 19.Jh. zum Teil erneuert).
  • Eine piscina aus der Klosterzeit (15. Jh.) = ein steinernes trichterförmiges Waschbecken seitlich hinter dem Altar (nahe der Sakristeitür),
    in dem der Priester die Abendmahls(=Kommunion-)geräte ausspülte. In der Fachsprache: „Sandstein, 8seitig, nach unten zugespitzt, oben mit flacher Vertiefung und Ablauf durch die Chorwand“ (August Gebessler 1958, S. 56).
  • Ein lebensgroßes Wand-Kruzifix vom Ende des 15. Jh.
    Es wurde im 19. Jh. der Veit Stoß-Schule zugeschrieben, eine These, die heute nicht mehr aufrechterhalten wird. Das Kruzifix hat aber auf jeden Fall auch künstlerisch einen hohen Wert. „Es gehörten dazu die Figuren des Johannes und der Maria, die sich heute in der Kirche von Oberwarmensteinach befinden“, erinnert Helmuth Meißner (1979), dessen Foto-Montage dazu wir hier ebenfalls abbilden.
  • Der Durchgang zum gotischen Kreuzgang von 1472 ist tagsüber offen. Man kann ihn auch über den 2. Klosterhof erreichen, aber wenn man schon in der Kirche ist und vor dem Altar steht, dann die rechte Tür öffnen (danach an der Sakristei und WC vorbei wieder rechts). Er lohnt – mit seinen Musikengeln, Herolden & Ordenswappen im Kreuzrippengewölbe und den wunderbaren Credo-Sandsteinreliefs an der Wand. Ansonsten ausgiebig virtuell bei uns unter Himmelkron – Kreuzgang.
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Schätze aus dem 17. Jahrhundert  –  vor der Barockisierung

  • Das Bildepitaph der Goekel-Familie am Emporen-Aufgang neben der Sakristei, ein großes Gemälde Anbetung der Hirten von 1605.
    Am unteren Rand unter der abgebildeten Stifterfamilie ist es mit Denkmal der Goekelschen Familie betitelt,
    und am oberen Rand links mit C. St. (= Initialen des Malers) 1605 & rechts mit R.V. (= RenoViert) 1795.
    Am rechten Bildrand hat sich der Maler selber abgebildet und sieht uns direkt an.
    Die Vorlage zu diesem „Weihnachtsbild“ stammt von einem Kupferstich von Johannes Sadeler (Staatsgalerie Stuttgart)
    und der nahm als Vorlage wiederum das damals berühmte, gleichfalls so betitelte Gemälde des Hans von Aachen (1552 – 1615).
    Johann Goekel stammte aus Staffelstein und war zur Zeit von Markgraf Christian in Himmelkron Kloster- bzw. Stiftsverwalter.
    Aus dieser Zeit (bzw. sogar von dieser Familie?) stammt auch der 8-eckige Taufstein von 1618, den wir schon in einem früheren Kapitel Himmelkron – Markgrafen von A-Z bei Markgraf Christian abgebildet haben.
  • Eine Predigt-Sanduhr von 1645, die sich früher an der Steinkanzel in der Kirche befand, ist im Stiftskirchenmuseum aufbewahrt.

Schätze aus dem 18. Jahrhundert  –  nach der Barockisierung

  • Das großformartige Ölgemälde-Epitaph unter dem Wand-Kruzifix stammt aus der Zeit von Markgraf Friedrich und erinnert an Johann Georg Winckelmann (1689-1744), der
    „14 Jahr und 14 Tag allhie zu Himelcron treueifriger Pfarrer und StiefftsPrediger“ war –
    so zu lesen auf der Gedenk-Inschrift zu seinen Füßen. Man kann es nicht übersehen und auch gut entziffern.
  • Vortragskreuze aus dem 18. Jh. finden wir bedeutende (u.a. von den Markgrafen Georg Friedrich Karl und Friedrich Christian) im Stiftskirchenmuseum, aber auch in der Kirche selber. Dieses hier ist nahe der Sakristei platziert (2. Hälfte 18. Jh.)
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2 km weiter – die Autobahnkirche Himmelkron  St. Christophorus

Seit 1998 haben weit über 2 Mio Menschen die moderne, ökumenische Autobahnkirche an der Kreuzung A9/303 besucht.
Sie gehört nicht zu den Markgrafenkirchen, aber zu Himmelkron, Lanzendorf & Bad Berneck und ist „outstanding“ –

  • als Architektur mit 36m hohem freistehenden Glockenturm (Diözesanbaumeister Eugen Vonmetz),
  • wegen der licht- und farbintensiven, meditativen Kunstwerke von Prof. Gerhard Böhm (u.a. ein monumentales farbintensives Altarbild, das Meditations-Textilbild, die Portalgestaltung)
  • und der Nachbildung des Labyrinths von Chartres im Außenbereich (mit Christophorus-Brunnen)

Im Foyer liegen dazu folgende Bücher aus:
Gerhard Böhm: Kunst in Himmelkron. Text Martina Ruppert (Gemeinde Himmelkron 2016)
Hartmut Richter: Kunst. Autobahnkirche Himmelkron (2021)

Die Kirche ist ein Begegnungszentrum mit Saal,
Meditations- & Gebetsraum, Gruppenraum und Küche.
Sie ist täglich geöffnet von 8-20 Uhr.
Messen SO 10.30, DO 19 Uhr.
MI 19 Uhr Meditation &
jeden 1. MO im Monat um 19 Uhr Taizé-Gebet.

Kontakt: 09273-374. E-Mail: webmaster@autobahn-kirche.de
Mehr dazu unter www.autobahnkirche-himmelkron.de

Text & Fotos: Karla Fohrbeck
Mit Dank an Reinhard Stelzer für Korrekturen und wichtige Hinweise.

* SW Luftbild  (Fotograf unbekannt, abgebildet S. 21 bei Helmuth Meissner: Himmelkron , 1979 )
** Buntglasscheibe mittleres Chorfenster Himmelkron, um 1400. S. 30 bei Helmuth Meissner: Himmelkron, 1979
Literatur zur Stifts- bzw. Pfarrkirche Himmelkron
  • Bauer, Stefanie: Die Stuckdekorationen in der ehemaligen Stiftskirche und im Roten Adler-Saal in Himmelkron. S. 17ff in der Zeitschrift „Frankenland“ – Ausgabe 1996, Nr. 3.
  • Gebessler, August: Himmelkron. S. 53-59 in ders: Stadt und Landkreis Kulmbach. 1958 (Die Kunstdenkmäler von Bayern, Kurzinventare, III. Band. Deutscher Kunstverlag. München)
  • Meissner, Helmuth: Himmelkron (1979. Gemeinde Himmelkron)
  • Meissner, Helmuth: Himmelkron in ders.: Katalog der Kanzelaltäre in Oberfranken. 1982.
  • Meissner, Helmuth: Stiftskirche, ehemaliges Kloster & Schloss Himmelkron. 2012 (DKV-Kunstführer N.245, 6. Aufl.)
  • Resch, Marion: Evang.-Luth. Pfarrkirche Himmelkron – Innensanierung 1991-1992 (1992. Landbauamt Bayreuth Hg.)
  • Schlotheuber Eva, Henrike Lähnemann: „Unerhörte Frauen“. Die Netzwerke der Nonnen im Mittelalter. 2023
  • Schneider, Erich: Himmelkron. S. 245-247 in ders.: Klöster und Stifte in Mainfranken (1993. Echter von Würzburg)
  • Taegert, Jürgen-Joachim: Himmelkron = S. 16 in ders. St. Michael in Weidenberg (Ms. 2012)
  • Zinck, Theodor: Himmelkron. Beschreibung seiner Vergangenheit und Gegenwart. Bayreuth 1925. S. 42 ff.

Zur allgemeinen Fachliteratur Himmelkron siehe die Literaturliste auf der Startseite Schloss & Kloster Himmelkron.