Schlösser in der Region
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HIMMELKRON NACH DER MARKGRAFENZEIT
1792-1892
Schloss und Kloster ein Armenhaus
Nach dem Ende der Markgrafenzeit 1792 beginnt für den Kloster- und Schlosskomplex ein dunkles Jahrhundert. Margit Keck hat in ihrer Zulassungsarbeit 1978 über Pfarrer Langheinrich, der dann die positive Wende herbeiführt, diese „Stätte der Armut“ beschrieben und Ortschronist Helmuth Meißner diese Erinnerung aufbewahrt:
Für Himmelkron beginnt nun, wie Pfarrer Zinck es nennt, das ‚dunkle Jahrhundert. Das Schloß, … wurde eine Stätte der Armut und zum Teil auch der sittlichen Verkommenheit. In den Gebäuden wohnten 49 Familien mit ungefähr 227 Menschen. Die meisten waren, wie Pfarrer Hecht schreibt, arme Weber, Taglöhner, Holzhauer, ledige Weibspersonen, ein Lumpensammler und ein Kammerjäger. Auch die Gemeinde gehörte zu den Besitzern. Sie richtete hier ihr Armenhaus ein.
Die Leute selbst waren bitterarm, und da schon die Handwerker große Schwierigkeiten hatten, sich ihr tägliches Brot zu verdienen,
gab es für diese erst recht keine Möglichkeit dazu. Man verlegte sich, da man fast darauf angewiesen war, auf das Betteln. Die ‚Klüsterer‘, wie die Schloß-bewohner genannt wurden, waren bald eine Plage für das eigene Dorf und die gesamte Umgebung..
Viele, vor allem junge Leute, verließen die Gemeinde und manche ver-suchten, in der Auswanderung nach Amerika ihr Glück zu finden. Mit der Zeit hatte Himmelkron fast ebenso viele Heimatberechtigte im ganzen Land verstreut wie im Dorf selbst. Die ständigen Forderungen, die nun von außen an die Armenkasse gestellt wurden, waren für die Ge-meinde, die selbst größtenteils aus Unbemittelten bestand, eine schier unerträgliche Belastung.
1892-heute Himmelkroner Heime für Behinderte
Nach genau einem Jahrhundert kündigt sich 1892 die Wende zu einem lichten Jahrhundert an: Durch den Einsatz von Ortspfarrer Langheinrich (und Rektor Bezzel) werden die ehemaligen Gebäude aus der Kloster- und Markgrafenzeit Besitz der Diakonie Neuendettelsau (Fachabteilung Behindertenhilfe) und „Heimstatt für die Schwachen“. In den 11 Jahren seiner Amtszeit im Pfarrhaus Himmelkron gelingt der Rückkauf und die Renovierung der verwahrlosten Räume in den Klosterhof-Flügelbauten und im ehemaligen Schloss. 1898 waren es schon 142 Insassen sowie 23 Pflegekräfte und weiteres Personal, heute bieten die Himmelkroner Heime Platz für über 500 Heimbewohner und 450 Mitarbeiter/innen. Grundstücksankäufe und Erweiterungsbauten für Behinderten-Wohngruppen, Personal und Gäste (Haus der Einkehr) gingen mit dieser Entwicklung einher, so dass mit den Jahren in Himmelkron ein fast eigenständiger zusammenhängender Ortsteil entstand. Geistig und körperlich Behinderte werden bis heute im ehemaligen Prinzenbau und in den geschichtsträchtigen Gebäuden der Himmelkroner Heime betreut.
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Helmuth Meißner. Himmelkron. 1979 S.47f.
Wie geht es weiter?
Seit der Jahrtausendwende war absehbar, dass die bisherige Nutzung durch die Diakonie Neuendettelsau eines Tages auslaufen werde. 1977/78 erfolgte zwar ein totaler Innen-Um- & Ausbau des Prinzenbaus durch die Diakonie. Die Gebäude blieben für heutige Ansprüche dennoch unbefriedigend. Die aufwendige Erhaltung, Renovierung, Umgestaltung oder gar Restaurierung war auf Dauer nicht mehr zu stemmen.
2010 sollte die schon erwähnte Machbarkeitsstudie der Autorinnen Susanne Götz & Bettina Keß (kulturplan Veitshöchheim) für die Gemeinde Himmelkron prüfen, ob und unter welchen Bedingungen eine touristisch interessante Erschließung des Prinzenbaus infrage komme. Ein Museumscafé im Eingangsbereich, ein Sammlermuseum zur Markgrafenzeit im 1. OG und eine Dauerausstellung Himmelkron – Die Sommerresidenz der Markgrafen von Bayreuth im 2. OG standen auf der Wunschliste. Abgesehen von nicht unerheblichen statischen Problemen und solchen der überholten technischen Infrastruktur, auf die verwiesen wird, heißt es da: Erst nach der vollständigen Räumung und denkmalpflegerischen Sanierung ist aus unserer Sicht der Beginn einer musealen – und auch gastronomischen – Nutzung sinnvoll. Von einer Teilnutzung der markgräflichen Räume und des Roter Adler-Saals wird schon aus Sicherheitsgründen abgeraten.
Schloss und Kloster zu verkaufen
Also aus der Traum!– Und für die Gemeinde Himmelkron ohnehin finanziell nicht zu stemmen. Das galt auch für spätere Ideen-Runden, die in ähnliche Richtung vorstoßen wollten, denn Schloss- und Klosterkomplex in der Ortsmitte sollten als wertvolles Kulturgut nicht verwahrlosen, nachdem die Diakonie Neuendettelsau beschlossen hatte, in absehbarer Zeit die bisherige Nutzung step by step aufzugeben und nach zeitgemäßen Standards dezentralisiert andernorts fortzusetzen. Das Objekt wurde von der Diakoneo – so der neue Name – 3 Jahre lang im Internet für 3,3 Mio Euro angeboten – die 14 Tsd Quadratmeter Areal inclusive. Und 2018/2020 fand es – weit unter diesem Preis, wie man hört – seine Käufer, 2 Investoren aus Schwarzenbach am Wald, die sich bislang nicht weiter exponieren wollten.
(Nicht nur) für Touristen weiterhin attraktiv
Bis 2030 will die Diakonie die Gebäude noch (teil-)nutzen und hat sich auch eine Option auf Mietvertrags-Verlängerung ausbedungen. Was dann daraus werden soll – nobody knows. Niemand hat Eile, eigentlich „beruhigend“.
Denn vorerst und bis dahin ist gesichert:
- Die gotische, innen barockisierte Stiftskirche bleibt Eigentum der Evang.-Lutherischen Kirchengemeinde. Als Mitglied des Verbunds Markgrafenkirchen e.V. ist sie ganzjährig geöffnet und in ihr werden weiterhin Gottesdienste, Feierlichkeiten und Musikveranstaltungen stattfinden.
- Der gotische, außergewöhnliche Kreuzgang mit den musizierenden Engeln, den Herolden mit ihren Ordensketten und den Sandsteinreliefs ist zu besichtigen, ebenso
- Die Ritterkapelle mit Fürstengruft sowie das Stiftskirchenmuseum mit seinen markgräflichen und gotischen Schätzen im einstigen Nonnenchor ein Stockwerk darüber
- Der Rote Adler-Saal wurde einige Zeit von der Gemeinde Himmelkron zu besonderen Gelegenheiten (Trauungen, Ehrengäste…) genutzt, ist derzeit aber nicht zugänglich.