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Schloss Himmelkron –
Der Prinzenbau für Erbprinz Georg Wilhelm

Markgraf Christian Ernst & Himmelkron

Markgraf Christian Ernst (1644/1661-1712) begann den markgräflichen Amtssitz Himmelkron in ein Jagdschloss umzubauen – eines von mehreren. Auf ihn geht auch die Baille-Maille-Anlage zurück – auch eine von mehreren, aber die aufwendigste, die er 1662/67 nach französischem Vorbild anlegen lässt, die bald überregional bekannt war und die heute wieder ein attraktives Ausflugsziel ist. 1698/99 beginnt er mit der Barockisierung der gotischen Stiftskirche.

In dieser Zeit legt er auch den Grundstein für einen neuen Schlossbau auf dem Gelände des einstigen Orlamünder Schlosses, den sogenannten Prinzenbau – seinem einzigen Sohn und späteren Erbe Georg Wilhelm gewidmet. 1695, 1698, 1701  . . .  die Angaben über den Baubeginn schwanken. Einig ist man sich, dass Pläne und Gestaltung auf den Hofarchitekten Antonio della Porta (um 1631 in Manno/Lugano -3. August 1702 in Bayreuth) zurückgehen. Dieser prägte auch die Neugestaltung der Stiftskirche Himmelkron wie der Pfarrkirche St. Jakobus in Creußen und war für den Neubau des Markgrafenschlosses in Erlangen sowie für die Planstadt St. Georgen einschließlich Ordensschloss verantwortlich. Zuvor hatte er zahlreiche Schlossbauten in der Oberpfalz, Böhmen und Schlesien realisiert.  Der frühe Tod von da Porta spricht für eine spätere Mitwirkung von Paul Decker d. Ä. (1677-1713).

Foto: Gemeinde Himmelkron
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Das Schloss – nur ein einfacher Kasten?

Das neue Markgräfliche Schloss (alias Prinzenbau ) ergänzt als repräsentativer Vor- bzw. Anbau den alten Klosterkomplex und ist durch einen Torbau mit dessen West- und Nordflügel verbunden. Die Schauseite weist nach Westen, also zum alten Markgrafenweg Bayreuth-Himmelkron. Von dort her kamen der markgräfliche Hof und die Gäste aus Bayreuth gezogen. Dieser historischen Wegführung folgt seit 2016 übrigens auch der Markgräfliche Klosterweg, der auf 16 km vom Festspielhaus in Bayreuth über Buchhof, Ramsenthal und Harsdorf heutige Wanderer bis zur Baille-Maille-Allee und zum Kloster-Schloss-Komplex in Himmelkron leitet.

Für den Laien sieht der rechteckige Bau recht schmucklos und einfach aus. In der kunsthistorischen Fachsprache weist er dennoch einige charakteristische Besonderheiten auf. Und da man angeblich nur sieht, was man weiß, kann der Blick auf die Fassaden-Strukturen und -Details nicht schaden, zumal auch Kunsthistoriker verschiedene Blick-Winkel bevorzugen können:

  • Über einem hohen Sockelgeschoss werden die beiden Obergeschosse mit einer gleichförmigen Reihung toskanischer Kolossal-Pilaster zusammengefasst. Die 10 Fensterachsen sind als identische Bahnen über dem Sockelgeschoss gestaltet. Eine Akzentuierung erfolgt nur durch die beiden Portalöffnungen mit gesprengten Segment-Giebeln im Erdgeschoss. (Ingrid Bachmeier-Schraml, AO Band 92, 2012, Markgraf Christian Ernst und seine Hofbaumeister 1661-1712).
  • Sandsteinbau von 2 zu 10 Achsen, dreigeschossig mit Mezzanin /= ein niedriges Zwischengeschoss/ über dem Erdgeschoss; Walmdach über Kranzgesims. Reich gegliederte Westfassade: Achsenteilung durch Pilaster /= ein flach aus der Wand hervortretender Pfeiler, mit Sockel, Schaft und Kapitell/, die ein Gurtgesims über dem Mezzanin trennt; 2 rundbogige Portale (das nördliche zugemauert) mit Giebelschenkeln über flankierenden Pilastern. Fensterrahmungen geohrt, mit Quasten, gestaffelte Schlusssteine (im Erdgeschoss). Brüstungen im 1. Obergeschoss mit Blendfeldern, im 2. über Lisenen. (August Gebessler: Stadt- und Landkreis Kulmbach. 1958).

Wer baute es auf?

Viele kennen noch das Gedicht von Bertolt Brecht „Fragen eines lesenden Arbeiters, wer baute das siebentorige Theben …?“, der feststellt, dass von den Arbeitern in der Weltgeschichte selten die Rede ist. Anders in unserem Fall. Die Dissertation von Stefanie Gansera-Söffing befasst sich ausführlich mit der Anlage des Prinzenbaus und wer daran alles mitgewirkt hat (Die Schlösser des Markgrafen Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth. 1992). Im Detail wird die Erbauung beschrieben:

  • 10 Steinhauer- und Maurergesellen aus dem Amt Berneck, 20 aus dem Amt Kulmbach, 25 aus dem Amt Wunsiedel, 20 aus dem Amt Hof und weitere aus Pegnitz, Creußen, Weidenberg und Erlangen.
  • Die Quadersteine wurden aus 35 unterschiedlichen Steinbrüchen herangezogen.
  • Die Aufsicht über die Bauarbeiten hatte der Baumeister Wenzel Berner.
  • Der Maler Gabriel Schreyer (aus Erlangen) wird für die Innenarbeiten genannt (ihm begegnen wir u. a. auch bei den Deckengemälden in der Ordenskirche und im Ordensschloss von St. Georgen).
  • Ausführlich werden auch die Kosten benannt:
    1553 Gulden für 3500 Quadersteine, 100 Fuhren Bruchsteine, 3000 Backsteine und 1400 Tauchsteine (=Tuffstein) und Lohn für Maurer, Ziegeldecker, Zimmermann, Schlosser, Glaser und Schreiner incl. Material wie Bretter, Latten und Nägel.

Vollendung unter Markgraf Georg Wilhelm

Als Erbprinz Georg Wilhelm (1678/1712-1726) nach dem Tod seines Vaters Markgraf wurde, nahm er sich auch des Prinzenbaus in Himmelkron an. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit beförderte er Paul Decker zum Baudirektor und widmete sich der Gestaltung des Roter Adler-Saals, um die Ritter seines Ordens der Aufrichtigkeit (ordre de la sincérité) dort standesgemäß empfangen zu können.

1716-1719/20 ließ er dann den Prinzenbau von Hofarchitekt Gottfried von Gedeler (vor 1660 bis nach 1718) vollenden, dessen Handschrift man vor allem an der Bel Étage zu erkennen glaubt, in der sich die markgräflichen Wohn- und Repräsentations-Räume befanden. Einigen müssen wir uns auf die Stockwerk-Bezeichnung. Denn da der einflügelige und dreistöckige Schlossbau auf einem Sockel aufsitzt und ein niedriges Zwischengeschoss über dem Erdgeschoss das Zählen verwirrend macht, reden die einen Autoren bei der Bel Étage vom 1., die anderen vom 2. Obergeschoss. Wir belassen es im Folgenden beim 1. Stockwerk, zu dem es inzwischen auch einen Aufzug gibt.

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Und wie sah es innen aus?

Da die ehemals markgräflichen Räume nicht zugänglich sind, stützen wir uns auf indirekte Quellen.

August Gebessler erwähnt 1958 in seiner Beschreibung des Prinzenbaus die geschnitzte Bretterdecke im 2. Obergeschoss, profilierte Sandstein-Türgewände, eine südöstlich eingebaute Wendeltreppe mit gewundener Spindel und einen östlich angebauten ehemaligen 6seitigen Treppenturm. 

Wie es inzwischen aussieht, beschreibt eine Machbarkeitsstudie, die die Autorinnen Susanne Götz & Bettina Keß vom Büro kulturplan 2010 für die Gemeinde Himmelkron erstellten. Darin heißt es lakonisch: Die ehemaligen markgräflichen Wohnräume werden heute als Büro- und Versammlungsräume (Musikraum etc.) genutzt. Einige Fragmente der wandfesten Dekoration (Stuck und Kamin) sind erhalten. Das sw-Foto aus dem Gutachten vermittelt einen Eindruck von den zwar hohen, aber keineswegs besonders großen Räumen und ihrem Konservierungszustand.

Das HimmelkronInventar der markgräflichen Räume ist allerdings überliefert und wird im Staatsarchiv Bamberg aufbewahrt. Die Liste  bezieht sich jedoch auf das Jahr 1731, als MG Georg Wilhelm schon gestorben und MG Georg Friedrich Karl sein Nachfolger war. Stefanie Gansera-Söffing, die dieses Dokument in ihrer Dissertation über MG Georg Wilhelm und seine Schlösser 1992 transkribiert und erstmals öffentlich bekannt gemacht hat, beschreibt auch die damalige (mobile) Innenausstattung der vierundzwanzig Räume. Aber – so moniert die Machbarkeitsstudie: Die Beschreibungen der einzelnen Stücke sind zu ungenau, um eine seriöse Rekonstruktion zu erlauben und zitiert als Beispiele Blaues Zimmer, der Frau Marggräfin Cabinet, sieben Stück blau mohrende Tapeten, ein Tischlein von fourniertem Holz, fünf Figuren. Vom Original-Inventar erhalten blieb außer der farbigen Stuckbüste von MG Georg Wilhelm über dem Kaminsims nur die Erinnerung.

1977 wurde in der Wand des Prinzenbaus ein Siegelstempel gefunden. Man vermutet, dass dieses Petschaft Prinzessin Christiane Sophie Wilhelmine, der Tochter von MG Georg Wilhelm gehörte  Er wird im Stiftskirchenmuseum aufbewahrt. Zu ihrem Prinzessin-Haus – jeweils in Bayreuth und in Kulmbach – gibt es 2 Beiträge auf dieser Webseite beim Thema Prachtbauten.

Zeichnung: Gerhard Böhm

Text & Fotos (soweit nicht anders angegeben): Karla Fohrbeck, 2023