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barocke Prachtbauten & -Strassen

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Prinzessin-Haus in Kulmbach

Im Haus Obere Stadt 36 residierte einst – von 1727 bis zu ihrem Tod 1749 – Prinzessin Christine Sophie Wilhelmine. Über dem Eingangsportal erinnern die Initialen C. S. W. – M. Z. B. an die Bewohnerin. Sie war die einzige Tochter von Markgraf Georg Wilhelm (1678/1712-1726) und dessen Frau Sophia von Sachsen-Weißenfels (1684–1752). Ihre Geschwister waren noch im Kleinkindalter oder kurz nach der Geburt gestorben.

Kindheit in Dresden –
Jugend in Bayreuth-St. Georgen

Die Prinzessin erblickte am 6. Januar 1701 das Licht der Welt und wurde kurz nach der Geburt von ihrer erst 17jährigen Mutter weggegeben. Bis zu ihrem 12. Lebensjahr wurde sie bei ihrer Tante Christiane Eberhardine von Brandenburg, der sächsischen Kurfürstin (und späteren polnischen Titular-Königin) Christiane Eberhardine (1671 – 1727), der Ehefrau von August dem Starken, auf Schloss Pretzsch an der Elbe erzogen. Nach Bayreuth wurde sie zurückgeholt, kurz nachdem ihr Vater (bei ihrer Geburt noch Erbprinz) die Erbfolge angetreten hatte und nun Markgraf von Brandenburg-Bayreuth war.

Sie wurde schnell Mittelpunkt des höfischen Lebens und so fanden sich bald Bewerber um die Hand der schönen und anmutigen Prinzessin. Um sie bewarb sich auch der damalige Erbprinz und spätere Markgraf Georg Friedrich Carl (1688/1726-1735), den MG Georg Wilhelm favorisierte. In Bayreuth-St. Georgen wurde 1722 für sie in der heutigen Markgrafenallee 44 ein eigenes Prinzessin-Haus gebaut – nahe dem markgräflichen Ordensschloss und gegenüber dem 1724 (also zwei Jahre) später errichteten Zuchthaus.

Ein Skandal, der im Gedächtnis blieb

Die eifersüchtige Mutter Sophie allerdings ersann einen teuflischen Plan, an dem der 1. Minister des Markgrafen mitwirkte. Sie versprach dem jungen, liebeserfahrenen Kammerjunker und Hauptmann Boguslav von Vobser (auch Wobser oder Wobeser geschrieben) 4.000 Dukaten, wenn er es fertigbringen würde, dass die Prinzessin von ihm schwanger würde. Da dieser Plan so einfach nicht zu verwirklichen war, sperrte sie die Beiden kurzerhand ein und ließ „das Schicksal walten“. Tatsächlich zeigten diese Bemühungen jetzt Erfolg, die jungen Leute verliebten sich sogar und gaben sich ein Eheversprechen.

In der Eremitage Bayreuth wurde Christiane Sophie Wilhelmine 1722 von Zwillingen entbunden, zwei Knaben, die der Sage nach „mit Gesichtern schwarz wie Tinte“ zur Welt kamen und bald darauf verstarben. Der nicht standesgemäße Liebhaber musste fliehen, bekam auch nie seine zugesagte „Belohnung“. Heiraten durfte er die Prinzessin ohnehin nicht. Da Markgraf Georg Wilhelm die Intrige seiner Frau nicht durchschaute, wurde die Tochter für diese „Untat“ verbannt. Einige Jahre musste sie ihr Domizil wechseln und lernte dadurch verschiedene markgräfliche Burgen und Schlösser kennen, unter mehr oder weniger angenehmen „Haftbedingungen“ – so 1724 Hohenberg und Lauenstein, 1725 die Plassenburg und wieder Hohenberg, 1727 Schreez (da war ihr Vater schon gestorben und das Prinzessin-Haus in Kulmbach im Umbau).

Diese tragische Geschichte blieb noch lange lokaler und regionaler Gesprächsstoff. (Otto Veh hat sie auf Aktenbasis recherchiert im Archiv von Oberfranken AO Nr.36 (1. Heft) von 1952).

Endlich Frieden

Markgraf Georg Wilhelm starb im Dezember 1726. Nachfolger-Markgraf Georg Friedrich Carl die Prinzessin erst 1727 in Kulmbach das seitdem so benannte Prinzessin-Haus in der Oberen Stadt 36 anbieten, am Fuße der Treppe zum Markgräflichen Kanzleigebäude. Dort wohnte sie von 1728 bis zu ihrem Tod am 15. Juli 1749.

Eine Zeitlang gab das in der Stadt Unruhe. Der Skandal hatte sich herumgesprochen. Kulmbach war protestantisch. Und Prinzessin Christiane Sophie Wilhelmine war im Januar 1729 zur katholischen Kirche übergetreten. Aber da sie im April 1734 wieder evangelisch wird, beruhigen sich die Gemüter und sie bleibt als freundliche und wohltätige Bürgerin der Stadt in guter Erinnerung. In der bereits bestehenden Gruft im Chorraum der Petrikirche zu Kulmbach wird sie 1749 würdig beigesetzt.

1733 besucht die Prinzessin, die sich im Namenszug über der Torfassade ihres Hauses sogar Markgräfin zu Brandenburg (MZB) nennen darf, in Bayreuth das junge, frisch vermählte Erbprinzenpaar Friedrich & Wilhelmine (1735 tritt Friedrich als Markgraf die Regierung an). Und Wilhelmine, die die Prinzessin sehr sympathisch findet, erzählt die ganze Story ausführlich in ihren Memoiren.

Im Beitrag zum Prinzessinnen-Haus in Bayreuth-St. Georgen können Sie diese Seiten in der Übersetzung von Günter Berger studieren. Hier geben wir sie aus der über lange Zeit einzigen und sehr populären Memoiren-Übersetzung der Schriftstellerin Anette Kolb von 1810 wieder. Sie findet sich, wenn Sie HIER KLICKEN (und vergrößern!), in dem Bericht von Hans Eber über Das Prinzessin-Haus in Kulmbach (Frankenland 7-1919), den uns das Stadtarchiv Bayreuth freundlicherweise in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt hat.

Blick vom Innenhof des Prinzessin-Hauses zur Petrikirche

Geschichte eines Hauses

Wir stützen uns hier auf das Häuserbuch Kulmbach und die stichwortartigen Fakten, die der ehemaliger Stadtarchivar Richard Lenker zusammengetragen hat.

  • 1667 Andreas von Schönstadt auf Buch, Weißdorf und Rötenbach hat das Gebäude Obere Stadt 36 nach dem Tod des Schwagers Adam Friedrich von Rittershausen geerbt
  • 1677 Carl Dietrich Tungreau, von Beruf Kastner,* hat das Haus um 300 fl. und 25 Dukaten erkauft
  • 1687 Johann Christoph Tungreau, hochfürstlicher Kastenamtsverweser, ist nach dem Tod der Eltern mit dem Schönststadt‘schen Haus belehnt worden
  • ohne Jahr Christian Rothkeppel, Kastenamtmann, erwirbt das Gebäude durch Kauf
  • 1727 – 1729 wird das Gebäude von der markgräflichen Prinzessin Christiane Sophie Wilhelmine erworben und für ihre Bedürfnisse umgebaut und erweitert. Die Wappenkartusche mit dem roten Brandenburger Adler und dem Zollernwappen über dem Torbogen trägt als Herzschild oben ihren Namenszug C. S. W. – M. Z. B. = Christiane Sophie Wilhelmine – Markgräfin zu Brandenburg sowie unten die Jahreszahl 1729.
  • 1752 Bürgermeister Johann Christoph Graff kauft aus der Verlassenschaft der Markgräfin Christiane Sophie Wilhelmine das Haus in der Obern Stadt um 2.400 fl.
Ein Klick auf die Bilder vergrößert diese.

* Kastner oder Kastenamtmann ist die historische Bezeichnung für den Inhaber des Kastenamts, der die Einkünfte des Grundherrn (in diesem Fall des Markgrafen) in der Hofkammer (auch Kasten, Kammer, Rentkammer oder Rentei genannt) verwaltete. Die Berufsbezeichnung ist ab dem Hochmittelalter belegt und blieb bis in die frühe Neuzeit gebräuchlich.

Prinzessin-Garten mit Sommerhaus

Heute erahnt man nicht mehr, dass sich an das Prinzessin-Haus einst auch ein vielgerühmter barocker „Lustgarten“ anschloss, in dem sich ein separates Sommerhaus befand. Der Prinzessin-Garten entstand ab 1738, als ihre Hochfürstliche Durchlaucht das Gelände von „Stud. jur. Johann Heinrich Sailer und den Curatoren Landschaftsrat Wilhelm Heinrich Schwalb und Dr. med. Christian laut Kaufvertrag vom 27. Januar 1738 um 290 fl. und 1 fl. /= Gulden/ Erbzins erkauft“ hatte.

Nach dem Tod der Prinzessin Christina Sophia Wilhelmina im Jahre 1749 wurde kaum ein Jahr später mit dem teilweisen Verkauf des Geländes begonnen. Geheimrat von Dobeneck erwarb drei Gärtlein und der Kaufvertrag gibt weitere Hinweise über die Ausgestaltung des Prinzessin-Gartens: „Verkauf der 3 Prinzessin-Gärten-am Hause „Plaisanter Garten mit Sommer- und Lust-, auch Glashäusern, Hermitagen, Restiarden etc.“ Vermutlich gab es bald darauf wieder  Besitzwechsel – entweder von markgräflicher oder städtischer Seite, denn die parkähnliche Anlage, die sich den Rehberg hinaufzog, blieb der Öffentlichkeit erhalten – die Bezeichnung Prinzessin-Garten auch.

Ob die Ideal-Planung, wie sie in einer alten Entwurfs-Skizze angedacht war, tatsächlich komplett umgesetzt wurde, kann heute nicht mehr zweifelsfrei belegt werden. Aber glaubt man dem Brief, den der Reisende A. Meyer 1770 verfasste, so war der Prinzessin-Garten „mit vortrefflichen Hecken von Buchen, mit Rosengängen und Alleen von Kastanienbäumen, mit Taxisbäumen, mit Springbrunnen und niedlichen Wohngebäuden und mit anderen noch in die Augen fallenden Zierarten so artig besetzt, dass dieser Garten von Einwohnern sowohl als Fremden sehr häufig besucht wird.“

„Zu seiner Ausrichtung wurden 4 Privatgärten und noch einige andere Stücke zusammengezogen und mit schönen Alleen, Bogengängen und Springbrunnen verziert.“ schreibt der königlich-preußische Offizier J.C.E. Reiche noch 1796 in seinem Bericht Culmbach und Plaßenburg.

Das ehemalige Sommerhaus im ehemaligen Prinzessin-Garten (später am Schießgraben) – 1963 und kurz vor dem Abbruch

Verschwunden all die Pracht

Die verbliebenen Reste des Prinzessin-Gartens wurden schon Ende des 19. Jh. für die Erholung der Stadtbewohner nicht mehr benötigt, weil inzwischen der Stadtpark angelegt worden war. 1891 erwarb daher die Stadtgemeinde Kulmbach das Anwesen Haus-Nr. 474 mit dem sogenannten Prinzessin-Garten für 60.000 Mark von dem Unternehmer Konrad Ruckdeschel. Das über 5 1/2 Tagwerk große Grundstück war als Bauplatz für die neue Realschule mit Turnhalle bestimmt. 1898 wurde die Planung für den Schulbau dann in die Tat umgesetzt.

Ende der 1960er Jahre wurde auch das einstige Sommerhaus (inzwischen am Schießgraben gelegen) abgebrochen. Es fiel der Erweiterung des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums zum Opfer, das auf diesem Gelände die Realschulzeit ablöste.

So verschwand Zug um Zug eine beeindruckende Gartenanlage aus dem Kulmbacher Stadtbild. Heute erinnert nur noch das Prinzessin-Haus am Oberen Markt an diese barocke „Märchenzeit“.

Das Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium
auf dem Gelände des früheren Prinzessin-Gartens

Text: Hermann Müller 2023
Fotos Hermann Müller und Stadtarchiv Kulmbach

Den Beitrag zum Prinzessin-Haus in Bayreuth – St. Georgen finden Sie hier.