ENTDECKE
BAROCKGÄRTEN & PARKS
Ölschnitztal (Perlenbach) &
Markgräfliche Perlenfischerei
Das Ölschnitztal . . .
Durch das Gemeindegebiet von Bad Berneck fließen zwar „7 Flüsse und Bäche“, aber die wild-romantische Ölschnitz – die aus dem Fichtelgebirge kommend in den Weißen Main mündet – gibt dem Ort, insbesondere der Ortsmitte und dem Kurpark, doch das besondere Flair.
Hier beginnt für den Wanderer auch der „Einstieg ins Fichtelgebirge“ und das Plätschern der Ölschnitz begleitet dabei den oberfränkischen Jean Paul-Wanderweg Richtung Stein und Entenmühle.
. . . & die markgräfliche Perlenfischerei
Die Perlenfischerei war lange ein gut gehütetes Geheimnis, wurde aber im 18. & 19. Jh. auch hier in der Region ein zwar kleines, aber lukratives und berühmtes Gewerbe. Sie ist wegen der klaren und sauberen Bäche und Flüsse zwar sowohl im Fichtelgebirge wie in der Fränkischen Schweiz schon seit dem 15. Jh. belegt. Aber professionell – und als markgräfliches „Regale“ (Hoheitsrecht) – wurde sie erst unter Markgraf Georg Friedrich Karl (Regierungszeit 1726-1735) betrieben. Entdeckt wurden die Flussperlen damals eher zufällig, weil Kinder und Jugendliche sie fanden und weil 1729 ein Bauer am Perlenbach das Auge eines Pferdes mit pulverisierten Muscheln heilen wollte. Und:
„…man entdeckte während des Abschlagens des Mühlgrabens bei der Bernecker hinteren Stadtmühle des oben genannten Richters Theobald Sohn am 10. November 1731 Perlmuscheln in der Oelschnitz; nach erhaltener Anzeige liess dieselbe Markgraf Georg Wilhelm visitiren, und da sie sich von Thieren bis über Bösseneck hinaus ganz angefüllt erwies, so wurde ein Perlinspector Namens Fischer mit dem jährlichen Gehalt von 100 Gulden angestellt, … desgleichen sofort Schnellgalgen errichtet. Von diesem Reichthume besetzte man zur selben Zeit auch den Main, dessen in früher Zeit zurückgehender Gehalt an Perlmuscheln wahrscheinlich von ihrer Flössung aus der Oelschnitz herrührte, an den passendsten Stellen unweit der Mündung dieser bei Berneck, gegen Kremitz, Lanzendorf und Himmelkron…“*
Perlordnungen, Perleninspektoren . . .
Für 1731 ist der Bau eines 1. Perlenfischerhaus bei Rehau belegt. Man hat es 1750 auf Porzellan gemalt, wovon immerhin noch eine Fotografie existiert.
1732 erließ der Markgraf eine Perlfischereiordnung wie andere Reichsfürsten in Bayern sie schon länger hatten. Die Perlfischerei war nun fürstliches Regal (Hoheitsrecht) und Perlenfischer, Perlenförster und Perleninspektoren gehörten einem neuen Berufszweig an.
Auch wurde Spezialwerkzeug dazu entwickelt, um die Muscheln beim Öffnen nicht zu verletzen. Schließlich brauchten sie lange, um Perlen hervorzubringen, und sie sollten auch danach noch möglichst lange leben.
Wilhelm Heinrich Wackenroder berichtet dazu 1793 in seiner „Pfingstreise durch Oberfranken“ (also kurz nachdem das Markgraftum an Preußen übergegangen war): „Übrigens werden hier / in Bad Berneck / in einem kleinen flachen Bache auch Perlen gefischt, jährlich etwa 100 Stück. Sie sollen an Güte den orientalischen nahekommen. Außer einigen anderen Orten des Oberlandes ist vornehmlich noch das Städtchen Rehau des Perlenfangs wegen bekannt. Hier und in Berneck wohnt ein eigener Perleninspektor“.
. . . & Perlenfrevel
Die Strafen für Perlfrevel waren zu der Zeit immer noch abschreckend und reichten von Peitsche und Folter bis zum Galgen. Am Bach waren Perl-Galgen und Tafeln mit drastischen Darstellungen der Strafen aufgestellt. Auch der Galgenberg zwischen Bad Berneck und Goldkronach erinnert an diese Zeiten.
Und im Perlenfischer-Schaufenster von Gabi Wenz 2015 in Bad Berneck wird noch zitiert: “Der Großvater hat erzählt, wo der Perlenbach anfängt, da stand ein Schild mit abgehackte Händ, und in der Hand eine Perlmuschel. Der ist 1942 gestorben, der hat es als Kind noch gesehen. Drum hat die Mutter gesagt: Langt nicht die Perlmuscheln an, dann werdet ihr eingesperrt. Der Großvater hat´s als Kind gesehen, das Schild.”
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Das ganze Gutachten als PDF herunterladen
Einem historischen Gutachten von 1769 zur Perlmuschel-Fischerei im Fichtelgebirge (auch um Bad Berneck) verdanken wir weitere Details zur Geschichte von über 100 Jahre alten Muschelbänken, ihrer Pflege und der mühsamen Perlen-Ernte, den Perlordnungen und den teils drakonischen Strafen bei Übertretung u.a.m., da man damals dem Gerücht entgegentreten wollte, man habe die Perlmuscheln aus Sachsen entwendet. Es ist die Zeit als Markgraf Alexander von Ansbach aus von 1769-1791 das Regiment über das Markgraftum Bayreuth-Kulmbach übernimmt. Und zu dieser Zeit hieß die Ölschnitz alternativ auch Perlenbach.
Muschelperlen für die Oberschicht . . .
Als das Markgraftum Bayreuth-Kulmbach 1810 zu Bayern kam, blühte die Perlfischerei im Fichtelgebirge unter König Max I Joseph von Bayern (1756/1806-1825) noch einmal auf. Maximilian hatte schon zuvor – in seiner Zeit als Kurfürst (1799-1806) – Freude daran, v.a. in der Oberpfalz und im Bayerischen Wald. Auch König Maximilian II. Joseph von Bayern (1811/1848-1864) beschloss, das Perlwesen zu fördern. und beauftragte 1856-57 Dr. Theodor von Hessling diesbezüglich mit einer Reise in den Bayerischen Wald und das Fichtelgebirge. Etwa ab 1870 wurden große Mengen an Muschelschalen ins benachbarte Sachsen exportiert. Die dortige Perlmuttindustrie fertigte daraus Schmuck- und Gebrauchsgegenstände.
Die damals bekannten Perlbäche Oberfrankens lagen in den Bezirken der drei Rentämter Hof, Wunsiedel und Gefrees. Zum Rentamt Gefrees gehörten vier Bäche, nämlich
- Die Ölschnitz von Tennersreuth bis Berneck
- Die Lübnitz von Limitzmühle bis Gefrees
- Der Ziegenburger Bache (heute Schorgast) unterhalb von Marktschorgast
- Der Weiße Main von Berneck bis Waizendorf.
. . . & Glasperlen als Mode-Accessoire . . .
auch „für die Wilden“
Im 19. Jh. und danach ersetzte die billige Glasperlenproduktion um Bischofsgrün und den Ochsenkopf die mühsame Perlenfischerei, zwar auch sie schon ein altes Gewerbe, aber jetzt im modischen Aufschwung und für jeden erschwinglich:
„Ähnlich wie die runden Perlen stellte man abgeplattete, die Paterle her /=Paternoster- oder Rosenkranzperlen/. Perlen und Paterle gehen und gingen durch alle Lande, sie wurden zu Tauschobjekten im dunklen Erdteile und man beglückt damit ebenso die Wilden wie man sich zu Hause selbst mit ihnen schmückt. Ludwig Storch schreibt 1853 in der Gartenlaube, dass es ihn heimatlich angemutet hätte, als er sah, dass der Rosenkranz, welchen die Kaiserin von Brasilien benützte, aus Fichtelgebirger Perlen hergestellt war.“**
Auch dies ein interessanter (und ebenfalls mühsamer) Handwerksbereich, von dem die Glasperlenhütte Christian Herrmann im Fichtelgebirge einen anschaulichen Bericht gibt.
Ölschnitz-Muscheln gibt es wieder, aber Perlen?
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All das ist inzwischen lange her und gegen Ende des 19. Jh. gab es im Fichtelgebirge keine kostbaren Perlmuscheln mehr.
Die Perlfischerei wurde immer unrentabler. Ausbeute und Qualität der Perlen nahmen ab. Die letzte offizielle Befischung nahm die Forstverwaltung Oberfranken 1952 vor.
Am Ende des 20. Jh. sah es für die Perlmuschel noch schlimmer aus, denn die zunehmenden Umweltbelastungen bedrohten die Flussperl-Muschelbestände im gesamten Fichtelgebirge.
Rehau im Norden beteiligte sich in den 1980er Jahren als 1. Gemeinde mit Bundes- und Landesförderung an einem entsprechenden Pilotprojekt.
Aber auch Bad Berneck begann, sich an die einstigen Perlmuschelbänke zu erinnern und ergriff Maßnahmen zum Umwelt- und Naturschutz. Der Fluss ist heute wieder so sauber, dass sich dort neben den Forellen sogar Flusskrebse tummeln,
und zur Artenvielfalt in der Ölschnitz gehört inzwischen auch die Wiederkehr der berühmten Flussperlmuschel.
Textredaktion : Karla Fohrbeck
Fotos: Florian Fraaß, Alexander Popp
Quellen:
- www.perlmuschel.de
- Gabi Wenz (Naturerfahrung Perlmuschel) – Schaufenster zur Flussperlmuschel im Rahmen der Kunststraße in Bad Berneck 2015
- Rudolf Graf: Rehau und seine Perlmuscheln. 1987 (16-seitiges Heft)
- Albert Schmidt: Die Geschichte der Glas- und Perlenfabrikation im Fichtelgebirge (Wunsiedel 1899, 18 S.-Heft)
Die Flussperlmuschel – ein Kleinod sauberer Mittelgebirgsbäche
Aus dem Schaufenster von Gabi Wenz zur Naturerfahrung Perlmuschel im Rahmen der Kunstaktion Bad Berneck 2015: